Eismord

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 2011
  • 4
  • Toronto: Random House Canada, 2010, Titel: 'Crime machine', Seiten: 294, Originalsprache
  • Köln: Bastei Lübbe, 2011, Seiten: 6, Übersetzt: Olaf Pessler
Eismord
Eismord
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Andreas Kurth
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2011

Kopflose Leichen und blindwütige Killer

Samantha hat mit ihrem Lover, dem blasierten und verheirateten Makler Randall – ein Schäferstündchen in einem leer stehenden Haus an einem See in der Nähe von Algonquin Bay. Wie immer verschwindet Randall zuerst, und Sam wartet noch etwas, damit beide nicht zusammen gesehen werden. Plötzlich sind Leute im Haus, Sam versteckt sich, es fallen Schüsse. Mit knapper Not kann sie dem Killer entkommen, aber Randall beschwört die Angehörige der First Nations, nicht zur Polizei zu gehen, um einen privaten und gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden. Als die kopflosen Leichen entdeckt werden, stochern Detective John Cardinal und seine Kollegen bei ihren Ermittlungen zunächst im Nebel. Erst als ihnen ein FBI-Kollege aus den USA zu Hilfe kommt, können die Ermittler wichtige Fakten miteinander verknüpfen. Aber es gibt weitere Morde, und der durch den Tod seiner Frau traumatisierte Cardinal muss sein ganzes Können aufbieten, um den Killern das Handwerk zu legen.

 Giles Blunt ist auch mit seinem neuen Roman um den eigenwilligen Ermittler John Cardinal ein überaus spannender Thriller gelungen. Eismord beginnt mit einem von vielen Autoren gern gewählten Stilmittel. Die junge Samantha, Angehörige der in Kanada "First Nations" genannten Nachfahren der Ureinwohner, belauscht einen Doppel-Mord. Sam entkommt nur mit knapper Not, den Killer im Nacken. Mit diesem rasanten Einstieg sorgt der Autor für viel Spannung, und es werden auch gleich einige spezielle Rollen verteilt. Während Sam für den Leser so etwas wie "Everybodys Darling" ist, belegt ihr Lover Randall den Platz des ignoranten Egoisten. Beide spielen in Cardinals Ermittlungen wichtige Rollen, aber die komplizierte Sachlage wird von Giles Blunt noch erheblich verschärft, denn er legt etliche falsche Spuren aus und lässt auch den Leser lange im Unklaren über Täter und Motive.

 Die brutalen Morde in der kanadischen Kleinstadt sind für ein "Provinz-Verbrechen" im Grunde viel zu monströs. Und so wird zunächst die vermeintliche Verbindung zur russischen Mafia untersucht, und der Leser erhält darüber hinaus interessante Einblicke in die Gepflogenheiten im Pelzgeschäft. Der knorrige Detective John Cardinal hat derweil so seine ganz eigenen Probleme, denn er versucht, den Tod seiner geliebten Ehefrau zu überwinden. Eine interessante Nebengeschichte ergibt sich,als unter den Mitarbeitern der Polizeidienststelle einige ungelöste Fälle zur Neubearbeitung vergeben werden. Dieser Zweig der Handlung wird von Giles Blunt dramaturgisch sehr geschickt genutzt und später in die Haupthandlung integriert.

 Eine aufgeregte, junge Journalistin wird als Kontrastfigur zum abgeklärten Ermittler in die Geschichte eingeführt. Geradezu unvermeidlich scheint hier einmal mehr der Griff in den Honigtopf – Cardinal landet mit der Reporterin im Bett. Ich will nicht zu viel verraten, aber dieser dramaturgische Kunstgriff des Autors ist überaus verzeihlich, denn die junge Journalistin wird später noch eine gewichtige Rolle für die Lösung des Falles spielen. Der erneute Gewaltausbruch am Black Lake sorgt für neue Dynamik – während die Ermittler überaus mühsam ihr Puzzle an Erkenntnissen zusammen tragen. Die offensichtlich aus unterschiedlichen Motiven begangenen Morde sorgen in diesem hoch spannenden Thriller auch beim Leser für komplette Verwirrung. Die Notizen des getöteten FBI-Agenten für neue Schlussfolgerungen und Verknüpfungen ins Spiel zu bringen, ist ein hervorragender Kniff des Autors.

 John Cardinal ist ein Protagonist, den man als Leser schnell schätzen lernt. Er hat die Methoden der guten, alten Polizeiarbeit voll drauf, verbeißt sich – auch aus privaten und psychischen Gründen – immens in seine Fälle, und ist doch kein unnahbarer Super-Cop. Der Detective ist so etwas wie die ruhende Konstante in einem wirklich turbulenten Roman. Giles Blunt hat zudem einen gut lesbaren, eher einfachen Stil. Komplizierte Schachtelsätze und elaborierte Formulierungen sucht man vergebens. Der sich stets steigernde Spannungsbogen fesselt dafür den Leser auf ganz direkte Weise. Die unterhaltsame Geschichte hat mir jedenfalls gezeigt, dass die Reihe um John Cadinal noch einiges Potenzial hat.

Eismord

Giles Blunt, Bastei Lübbe

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