Ruhe sanft, mein Herz

  • Pendo
  • Erschienen: Januar 2011
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  • Paris: 10-18, 2003, Titel: 'La disparue du Père-Lachaise', Seiten: 301, Originalsprache
  • München: Pendo, 2011, Seiten: 336, Übersetzt: Gabriele Wurster
Ruhe sanft, mein Herz
Ruhe sanft, mein Herz
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Andreas Kurth
78°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2011

Atemlose Mörder-Hatz ohne DNA-Proben und Fingerabdrücke

Nach dem Erfolg des 1869 eröffneten Suezkanals waren die Franzosen überzeugt, in der Panama-Region mit ihrer Erfahrung auch einen Kanal bauen zu können, der Atlantik und Pazifik miteinander verbindet. Bei diesem ersten Versuch eines Kanalbaus, dessen Konzept 1889 endgültig scheiterte, ist auch ein Ingenieur namens Armand de Valois dabei. Am Beginn des Jahres 1890 erreicht seine Frau die traurige Nachricht, dass ihr Mann in Kolumbien ums Leben gekommen sei. Odette de Valois wird daraufhin scheinbar etwas wunderlich, hat Kontakt zu Wahrsagern und Spiritisten. An einem verregneten Tag will sie sich auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise mit dem Geist ihres verstorbenen Mannes treffen – und verschwindet plötzlich spurlos. Ihr Dienstmädchen Denise ist völlig verwirrt und sucht Hilfe bei Victor Legris, Buchhändler und ehemaliger Geliebter von Odette. Der schenkt der ganzen Angelegenheit zunächst nur wenig Aufmerksamkeit. Er bringt die junge Frau in der Wohnung seiner Freundin Tasha unter, nicht zuletzt, um diese wieder in seine Behausung zu locken. Doch dann wird Denise am Pont de Crimée tot aus der Seine gezogen. Der Buchhändler folgt wider Willen seiner Spürnase und steckt plötzlich in den Ermittlungen zu einer mysteriösen Mordserie, bei der er selbst in das Visier des Mörders gerät.

Claude Izner – das literarische Pseudonym der Schwestern Liliane Korb und Laurence Lefèvre – setzt auch im zweiten Buch der Reihe um den cleveren und lebenslustigen Buchhändler Victor Legris auf bewährte Stilmittel. Das Buch ist ein spannender Kriminalroman, aber zugleich ein Sittengemälde der Künstlerszene im Paris des Jahres 1889. Wer Spaß bei der Lektüre des Romans haben will, sollte also schon ein wenig frankophil sein, oder wenigstens Gefallen an der Schilderung der Verhältnisse in der französischen Hauptstadt am Ende des 19. Jahrhunderts finden. Man kann aber auch einfach genießen, dass es vor der revolutionären Entwicklung der Kriminaltechnik – Fingerabdrücke und DNA-Proben – auch schon kluge Köpfe gab, die Verbrechen schlicht durch Schlussfolgerungen und die Suche nach Indizien und Beweisen aufklären konnten.

Das Buch nimmt den Leser sofort mit in die Handlung. Die gezeichneten Bilder vom Paris des "fin de siécle" sind eindrucksvoll, ohne die Handlung allzusehr zu überlagern. Die Autorinnen sorgen dafür, dass man ständig auf der Höhe des Geschehens ist, und so einen Informationsvorsprung vor dem Protagonisten hat. Dabei bauen sie gekonnt genug überraschende Wendungen ein, um Leser und Ermittler immer wieder zu verwirren und auf falsche Spuren zu führen. Der Plauderstil der beiden Autorinnen ist außerordentlich angenehm zu lesen, und man spürt ständig, dass sie gewissermaßen in der Kulisse des Romans zu Hause sind. Die Lesbarkeit wird auch dadurch erhöht, dass die beiden Schwestern zwar einen wirklich anspruchsvollen Plot vorgelegt haben, aber der Versuchung widerstehen, zu viele Personen agieren zu lassen. Der Kreis der Handelnden bleibt im Gegenteil erfreulich überschaubar.

Es wird auch weitgehend auf knackige Action verzichtet, was bei der Spannung allerdings zu keinerlei Abstrichen führt. Im Gegenteil, durch die Konzentration auf die Schlussfolgerungen von Victor Legris – und seiner Freunde und Helfer – fiebert man als Leser geradezu atemlos mit. Kleine Abschweifungen sind dankenswerterweise so kurz und knackig gehalten, dass sie nicht wirklich störend wirken. Das Liebesleben von Victor und Tasha wird mit der gebotenen Kürze dargelegt, bei einem Roman im Pariser Künstler- und Buchhändlermilieu ist der "Honigtopf" natürlich nicht wirklich zu umgehend. Aber die Autorinnen gehen mit diesem Teilaspekt angenehm dezent um, ohne den Spannungsbogen abfallen zu lassen.

Insgesamt also ein wirklich lesenswertes Buch, die perfekte Lektüre für lange Abende am Kamin oder auf der sonnigen Terrasse. Und auch Freunde der bibliophilen Kunst kommen hier voll auf ihren Geschmack. Die Aufmachung des Buches ist dem Zeitpunkt der Handlung absolut angemessen, und mit den beiden Karten der französischen Hauptstadt – in unterschiedlichen Maßstäben – am Anfang und Ende des Buches werden zusätzliche Punkte gesammelt. Die Figur des Victor Legris sowie sein Umfeld besitzen noch einiges an Potenzial, man darf sich also auf Fortsetzungen der Geschichte freuen.

Ruhe sanft, mein Herz

Claude Izner, Pendo

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