Im Namen des Kreuzes

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • München: dtv, 2012, Seiten: 256, Originalsprache
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Reinhard Berndt
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2011

Aufrüttelnd, schonungslos und menschlich, spannend - unbedingt lesen und darüber reden

"Haus der Gnade" - ein Name, der Hoffnung zu verheißen scheint für Menschen, die keinen anderen Ausweg mehr haben. Hier landet Patrick, ein minderjähriger Straftäter, der mehr auf dem Kerbholz hat als mancher erwachsene Kriminelle. Eltern, Lehrer, Erzieher – selbst die Polizei, haben ihn aufgegeben. Noch aber ist etwas in ihm, das ihm sagt, versuch es noch ein letztes Mal, bevor du endest wie dein Bruder.Pater Anselm könnte sein Helfer auf diesem Weg sein. Vielleicht ist Beten gar nicht so albern und nutzlos, wie er denkt.

Patrick's Schicksalstage im Kloster Steinsberg sind die Klammer des spannenden Krimis von Peter Probst aus der Reihe mit dem Untertitel "Schwarz ermittelt". Mathias Sass, ehemaliger Ministrant mit dem Ziel Priester zu werden, hat sich das Leben genommen. Die polizeilichen Ermittlungen sind eingestellt. Doch die verzweifelte Mutter hat ein Indiz gefunden, das in ihr den Verdacht auf eine sexuelle Beziehung zu Pfarrer Heimeran und vielleicht sogar Missbrauch weckt. Anton Schwarz, Ex-Polizist und Privatermittler, wird von ihr engagiert, der Sache noch einmal nachzugehen. Doch auch er gelangt zu dem Schluss, dass der Junge vielleicht an einer homosexuellen Liebe zerbrochen ist, mehr scheint nicht mehr zu ermitteln zu sein. Frau Sass will letztlich den Pfarrer Heimeran zur Rede stellen. Doch da wird dieser erhängt unter einer Brücke gefunden. Es sieht nach Selbstmord aus, oder soll so aussehen. Jetzt kommt Schwarz die Sache doch mysteriös vor. Er ermittelt weiter, nun will er auch selbst die Wahrheit wissen. Dabei stößt er auf Pastoralreferent Rainer Weber, der ihm nach anfänglicher Zurückhaltung einige brisante Informationen gibt. Weber scheint Angst zu haben. Schwarz erkennt, dass hier eine andere Dimension im Spiel ist. Und immer wieder führen Hinweise zum Kloster Steinsberg, dem "Haus der Gnade". Noch bevor er Weber ein weiteres Mal treffen kann, wir der brutal ermordet.

Jetzt geht es nicht mehr ohne die Zusammenarbeit mit seinen Ex-Kollegen von der Münchner Kriminalpolizei. Aber auch die Kirche scheint plötzlich an der Aufklärung der Vorfälle interessiert zu sein. Sie schaltet den Privatermittler Perfall ein, der versucht, mit Schwarz zusammenzuarbeiten. Doch bei dem wird Schwarz erst richtig misstrauisch. Zu viele Ungereimtheiten. Ist er wirklich vom Erzbischof gerufen worden? Und wer steht hinter dem Geheimorden "Sancta Militia Jesu", dem das Kloster Steinsberg gehört? Was geht dort eigentlich hinter hohen Mauern vor?

Die Wahrheit ist erschütternd und aufrüttelnd. Peter Probst erzählt gradlinig und mit wachsender Spannung. Dabei bleiben aber die menschlichen Ereignisse in Anton Schwarz' Umfeld nicht auf der Strecke. Die kauzige Mutter, Jüdin, die im späten Alter zur ihrer Identität gefunden hat, lässt die LeserInnen oft schmunzeln. Und natürlich ist da seine Liebe zu der viel jüngeren Eva, die als Opfer einer Amok-Fahrt im Rollstuhl sitzt. Sie wird immer mehr in die Ermittlungen involviert. Probst beschreibt diese Beziehung in ihrem Auf und Ab der Gefühle mit warmen Worten. Er holt sie aus der Nebenhandlung behutsam ins Geschehen hinein. Am Ende arbeiten beide eng zusammen und ohne Eva hätte es für Schwarz anders ausgehen können...

Apropos Ende. Das Finale des Buches bringt Dinge zutage, die erschrecken und nachdenklich stimmen.

Ausleben von Machtgelüsten und Gewalt gegen Schwächere begleiten die ganze Menschheitsgeschichte. Auch die katholische Kirche war und ist davor nicht gefeit. Hinter ihren Mauern, Strukturen und Ritualen bleibt vieles im Verborgenen. Hier werden wir an aktuelle Ereignisse und Enthüllungen erinnert bis hin zu den Praktiken in "staatlichen Erziehungsanstalten" der ehemaligen DDR.

Peter Probst hat ein Thema aufgegriffen, das in der Gesellschaft unterschwellig präsent ist und über das in der "heilen Welt" auch nur zu gern hinweggesehen wird. Es ist einfach zu unvorstellbar und zu grausam. Kindesmisshandlung und systematische Zerstörung von Persönlichkeiten sind ein Abgrund im 21. Jahrhundert. Gut, dass Menschen darüber sprechen, so wie Probst, ohne Sensationsgier und Pathos, über dunkle Seiten des Lebens, doch ohne Resignation.

Im Namen des Kreuzes

Peter Probst, dtv

Im Namen des Kreuzes

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