Dunkle Wasser in Florenz

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 2011
  • 2
  • Parma: U. Guanda, 2009, Titel: 'Morte a Firenze', Seiten: 344, Originalsprache
  • Köln: Bastei Lübbe, 2011, Seiten: 336, Übersetzt: Barbara Neeb
Dunkle Wasser in Florenz
Dunkle Wasser in Florenz
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2011

Aus dem Leben des Commissario Casini

Der dreizehnjährige Giacomo Pellissari ist seit fünf Tagen spurlos verschwunden, nachdem er sich entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten alleine auf dem Heimweg von der Schule aufgemacht hat. Inzwischen glauben Commissario Casini und sein Mitarbeiter Piras nicht mehr daran, den Jungen lebend zu finden, denn es gab bislang keine Lösegeldforderungen oder ähnliches. Schließlich herrscht Gewissheit, denn die Leiche des Jungen wird in einem einsamen Waldstück verscharrt aufgefunden. Die Autopsie ergibt, dass Giacomo erwürgt und zuvor von mindestens drei Männern sexuell missbraucht wurde.

Doch Casini und Piras treten auf der Stelle, denn es gibt keine Zeugen und vielleicht einmal vorhandene Spuren hat der seit vielen Tagen andauernde Regenfall längst weggespült. Die Ermittler sind zum Warten verurteilt und so entschließt sich Casini zu einem Spaziergang in der Nähe des Tatortes. Rund zweihundert Meter von diesem entfernt findet er ein kleines Kätzchen, das sich hilflos in einem Gebüsch verfangen hat. Daneben liegt eine Telefonrechnung, die zu dem Metzger Livio Panerai in Florenz führt. Sollte dies eine erste Spur sein oder hat Panerai nur zufällig beim Pilze sammeln den Beleg verloren? Mangels weiterer Anhaltspunkte ordnet Casini die Überwachung Panerais an, doch selbst etliche Tage später gibt es keine neuen Erkenntnisse. Als nach tagelangen Regenfällen der Arno über die Ufer tritt und Florenz in einer gigantischen Schlammmasse untergeht, scheint der Mordfall endgültig verloren zu sein. Oder sollte der Zufall zur Hilfe eilen?

Für einen Kriminalroman ist Dunkle Wasser in Florenz zunächst einmal gewöhnungsbedürftig, da es an Spuren, Indizien und jeglichen Verdachtsmomenten fehlt. Folglich können die Ermittler nur abwarten und jede Menge Frust schieben. Commissario Casini hat so ausreichend Gelegenheit in der Trattoria Da Cesare nahezu täglich bei Koch Totò zu schlemmen, Wein und Grappa ordentlich zuzusprechen, zum Leidwesen Piras unzählige Zigaretten zu rauchen und sich bei der früheren Hure Rosa zu entspannen. Ermittlungsarbeit steht erst mal nicht an und selbst die Überwachung von Panerai entspricht eher der Suche nach der Heunadel, denn seriöser Polizeiarbeit. So treten die Ermittlungen lange Zeit auf der Stelle, ohne dass es im Plot spürbar vorangeht. Realistisch ja, aber spannend zu lesen ist das nur bedingt, denn ein paar in Frage kommende Tatverdächtige hätte man natürlich schon gerne. Doch hier "enttäuscht" der Autor und lässt nur gelegentlich so etwas wie Spannung aufkommen, setzt mehr auf Atmosphäre. Allein die letzten rund hundert Seiten mit einem alles anderen als alltäglichem Finale bieten das, was man eigentlich von Anfang erwartet hätte; einen temporeichen und packenden Krimiplot.

Zuvor verliebt sich Casini einmal mehr und mitunter hat man den Eindruck einem Liebesroman verdächtig nahe zu kommen. Dass dabei die Angebetete über dreißig Jahre jünger ist, erstaunt insoweit, da die Handlung im Jahr 1966 spielt. Weit weniger überraschend sind die ständigen und bereits aus den vorherigen Romanen bekannten Rückblicke in die Kriegsjahre, in denen Casini bei der Legion San Marco gegen die Nazis kämpfte. Noch heute kann er mit Faschisten nichts anfangen, was ihn mitunter zu höchst eigenwilligen Methoden greifen lässt. So ist Dunkle Wasser in Florenz letztlich ein respektables Krimivergnügen weitab des Mainstreams. Am Ende des Romans bleibt dabei vor allem die Frage offen, ob es ein Wiedersehen mit dem Commissario Capo Casini geben wird? Darauf einen Grappa.

Dunkle Wasser in Florenz

Marco Vichi, Bastei Lübbe

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