Und die Götter schweigen

Im Kronwald bei Kronköping erschüttert ein bizarrer Mord nicht nur die Ermittlungsbeamten. Dick Wallström, ein stadtbekannter Frauenheld, wurde gleich auf dreierlei Art ermordet. Zunächst offenbar aufgehangen, dann mit einem Messer in den Hals gestochen und letztlich mit einem alten Speer durchbohrt. Neben dem Opfer hingen acht Tierkadaver in dem Baum, zudem wurden eine Sichel und eine Weizenähre am Tatort gefunden, zwei uralte Symbole für Ernte und Fruchtbarkeit. Die junge Polizeiassistentin Maria Wern ist noch recht neu in Kronköping, zog sie doch erst vor wenigen Monaten aus Uppsala mit ihrem Mann Krister und den beiden Kindern um. So hatte sie es bislang auch eher mit Bagatellfällen zu tun, während der grausige Mord an Wallström an einen Ritualmord erinnert. Wern wendet sich an einen alten Bekannten aus Uppsala, Professor Morgan Höglund, spezialisiert auf Völkerkunde und nordische Mythologie. Höglund erinnert sich an einen neun Jahre alten Fall, bei dem ein Gynäkologe in Uppsala auf nahezu gleiche Weise zu Tode kam. Die damalige Mörderin wurde schnell gefunden, starb jedoch kurz nach dem Mord bei einem Verkehrsunfall.

Wer könnte ein Interesse an dem Tod von Wallström haben? Eine fallen gelassene Geliebte oder ein gehörnter Ehemann? Eine Spur führt die Ermittler zu Anneli Berggren, die nicht zuletzt deshalb von Interesse ist, da Wallström sowohl mit Anneli wie auch mit deren Mutter ein Verhältnis hatte und der Vater für seinen Hang zur Gewalttätigkeit bekannt ist. Die Zeit drängt die Ermittler, denn schon bald gibt es einen zweiten Mord. Der ehemalige Verlobte von Anneli wird erstochen in seinem Auto aufgefunden…

Und die Götter schweigen ist der Debütroman von Anna Jansson, in dem vor allem die Protagonistin der geplanten neue Serie, Maria Wern, vorgestellt wird. Aus Uppsala weggezogen um ein bisschen mehr Ruhe zu haben, findet sie in dem überschaubaren Kronköping bald das genaue Gegenteil vor. Da ihr Mann Krister sich nur all zu gerne vor häuslichen Verpflichtungen drückt und diese des Öfteren seiner Mutter überträgt, gerät schon bald der Haushalt in eine dramatische Schieflage. Denn die "geliebte Schwiegermutter" entstammt noch aus einer anderen Generation, in der Mütter für die Erziehung ihrer Kinder zuständig waren und den Haushalt führten. Dies lässt sich folglich mit den Aufgaben einer Polizistin, zumal wenn diese bei einem grausigen Kapitalverbrechen ermittelt, nicht vereinbaren und so stoßen die beiden recht häufig aneinander. Selbst die Fortsetzung ihrer Ehe ist für Maria plötzlich nicht mehr selbstverständlich.

Doch zum Glück wird sie von dem aktuellen Fall unmittelbar vor Heiligabend abgelenkt, der, wie der Titel des Romans bereits vermuten lässt, reichlich Bezüge zu einer anderen Welt beinhaltet. So scheint bald klar zu sein, dass es sich bei dem Mord an Wallström um einen Opfermord anlässlich der Wintersonnenwende handeln könnte. Es folgen höchst interessante und geballte Ausflüge in die nordische Mythologie, in der Odin auch Gott der Gehängten genannt wird. Dieser hing von einem Speer durchbohrt neun Tage in der Esche Yggdrasil, dem Baum des Lebens, um Zugang zu den Runen zu bekommen, welche hier ebenfalls eine Rolle spielen.

Anna Jansson gelingt in ihrem Debüt eine glänzende Mischung aus polizeilicher Ermittlungsarbeit, der Darstellung ihrer Protagonistin und deren Alltagsproblemen sowie ausführlichen Schilderungen der Mythologie, welche dem Ganzen eine geheimnisvolle Aura verleihen. Der Spannungsbogen ist ordentlich hoch, die Charaktere sind - auch in den Nebenrollen - ansprechend dargestellt und das Verhältnis von Maria Werns Privatleben gegenüber ihrem Berufsleben erscheint nur zu Beginn des Buches etwas unverhältnismäßig. Bleibt festzuhalten, dass hier durchaus eine weitere große skandinavische Krimiserie entstehen könnte. Der Grundstein wurde gelegt.