Schach der Dame

  • Zsolnay
  • Erschienen: Januar 1983
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  • New York: NAL Books, 1982, Titel: 'Love and treason', Seiten: 261, Originalsprache
  • Wien; Hamburg: Zsolnay, 1983, Seiten: 275, Übersetzt: Lilian Faschinger
  • München: Droemer Knaur, 1986, Seiten: 275, Übersetzt: Lilian Faschinger
Schach der Dame
Schach der Dame
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Jörg Kijanski
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2011

Machtgier, Niedertracht und Sex ohne Liebe

Anfang der 1980er Jahre: Der amerikanische Außenminister Harold Volker gibt ein Abendessen und seiner Frau Alexis fällt dabei die Rolle der perfekten Gastgeberin zu. Bei Durchsicht der Gästeliste stößt sie auf den Namen von Alfredo Nasciemento. Da ihr dieser unbekannt ist, befragt sie ihren Mann, der Nasciemento als Adjutant Figueiras vorstellt, dem Oberbefehlshaber der portugiesischen Armee. Dort sind demnächst Wahlen und es ist völlig offen, ob die gemäßigten Demokraten oder ein radikales Bündnis aus Sozialisten und Kommunisten das Rennen machen. Dabei spielt Portugal als NATO-Bündnispartner für die Amerikaner, nicht zuletzt aufgrund seiner geografischen Lage am Atlantischen Ozean, eine besondere Rolle. Der Abend verläuft unauffällig, doch kurz nachdem Nasciemento die Gesellschaft verlassen hat, wird er brutal ermordet.

Derweil kursiert ein Memorandum aus Deutschland bei FBI und CIA, welches vom Büro des Nachrichtendienstes der US-Armee in München stammt. Darin wird der Mord an einem Agenten beklagt, für den der KGB verantwortlich sein soll. Zudem enthält es einen Hinweis, dass unter ungeklärten Umständen die deutsche Kusine von Außenminister Volker verstorben sei. Sie soll einen kommunistischen Liebhaber gehabt haben, der einst ein Schulfreund von Volker war. Besteht ein Zusammenhang? Ist womöglich Volker selbst involviert? Es gibt nur Verdachtsmomente, keinerlei Beweise.

 

"Jeder, der ernsthaft erwägt, über den Außenminister Nachforschungen anzustellen wegen Aktivitäten, die den Interessen der Vereinigten Staaten zuwiderlaufen, hat es nötig, dass man ihn zum Essen einlädt. Er ist dabei, seinen Job zu verlieren."

 

Doch ein Agent der CIA entscheidet sich, der Sache nachzugehen und entdeckt, dass es in unmittelbarer Umgebung Volkers einen Maulwurf des KGB geben muss und das Volker selbst womöglich ein Doppelspiel treibt und gegen die Interessen seines eigenen Landes agiert. Auch Alexis wird in die Ermittlungen direkt einbezogen und je mehr sie erfährt, desto schlimmer werden ihre Zweifel an ihrer großen Liebe, für die sie vor einigen Jahren alles aufgegeben hat …

David Osborne ist (nicht nur) in Deutschland vor allem durch seinen Bestseller Jagdzeit, der Anfang der 1970er Jahre erschien, einem breiten Publikum bekannt (lesen Sie hierzu gerne die Rezension des Kollegen Jochen König anlässlich der Neuübersetzung, welche im Pendragon-Verlag erschienen ist). Schach der Dame war in Amerika recht erfolgreich, da es brutal und offen die Methoden der Mächtigen bloßlegt. Das Buch (Originaltitel "Love and Treason") erschien in der deutschsprachigen Ausgabe erstmals 1983, also vor 30 Jahren, und kommt ein wenig angestaubt daher. Der "Kalte Krieg" ist vorbei (nun ja … äh) und die Zeiten, in denen Aufnahmegeräte noch die Größe eines gebundenen Buches hatten, auch. Dafür bietet Schach der Dame die üblichen Zutaten, die einen Polit-Thriller ausmachen, wenngleich Osborne in einem Punkt übertreibt. Egal ob Außenminister oder hochrangiger Agent bei FBI und CIA; sie alle haben ausnahmslos super aussehende Frauen an ihrer Seite. Sei es die Ehefrau, Freundin oder (zusätzlich) die Geliebte. Auch die Frauen lassen sich sexuell nicht lumpen, schließlich erfüllen selbstredend alle mitwirkenden Männer in jeder Hinsicht höchste Ansprüche (na ja, fast jeder Mann); da greift Frau gerne zu. So gibt es ein ebenso übertriebenes wie munteres Bäumchen-Wechsel-Dich, bei dem es um "die eine Sache" geht, nur nicht um Liebe. Ein weiterer Fall von "Sex sells"? Sehen wir es lieber als gezielten Angriff des Autors auf die moralischen Werte seines Geburtslandes, dessen berüchtigte McCarthy-Ära ihn damals antrieb, Amerika zu verlassen.

 

"Derjenige, dem man am meisten vertraut und der letzte, den man je verdächtigen würde, ist immer der erste, der verdächtig ist."

 

Der Plot zeigt brutal direkt mit welcher Skrupellosigkeit in den Schaltstellen der Macht, bis hinein in die Spitze des Weißen Hauses, agiert wird. Machtspiele, Intrigen und Niederträchtigkeiten aller Art sind an der Tagesordnung; selbst ein Mord kann als "ultima ratio" nicht ausgeschlossen werden. Erschreckend, wie real einem der Stoff noch heute vorkommt. Übersieht man geflissentlich das Erscheinungsjahr des Romans, so bietet sich ein durchaus spannender Plot, bei dem sich zwei Fragen in den Vordergrund drängen: Welches Geheimnis umgibt den zwielichtigen Außenminister und wer ist der Maulwurf in seiner Umgebung? Wer "klassische" Spionageromane mag, der ist hier richtig.

Schach der Dame

David Osborn, Zsolnay

Schach der Dame

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