Staubige Hölle
- Tropen
- Erschienen: Januar 2011
- 8
- Stuttgart: Tropen, 2011, Seiten: 320, Übersetzt: Jürgen Bürger und Peter Torberg
Thrill as Thrill can
Nein, mit dem, was wir vor einem Jahr während der Fußball-Weltmeisterschaft von Südafrika mitbekommen haben, hat Roger Smiths Handlungsort seiner Thriller gar nichts am Hut. Wenn man gar den nervtötenden Vuvuzelas hinterhertrauert, will das schon viel bedeuten. Staubige Hölle, Smiths dritter Roman, setzt nahtlos da an, wo Kap der Finsternis und Blutiges Erwachen aufhörten: Mord, Korruption, AIDS, afrikanische Mythen, Rassenkampf und jeder Menge Blut auf afrikanischem Boden.
Staubige Hölle beginnt mit einem Überfall zweier Schwarzer auf ein Paar, das sich gerade ihrer Leidenschaft hingab. Ben Baker, reicher wie einflussreicher Bure, soll die Attacke nicht überleben, seine Geliebte Rosie Dell kann allerdings gerade noch flüchten.
Als ob nichts geschehen wäre, feiert die glückliche Rosie am nächsten Tag den Geburtstag mit ihrem Mann Robert und ihren Kindern. Der Tag soll nicht gut enden: Ein Pick-Up drängt den Wagen der Dells ab, nur Robert Dell übersteht den tödlichen Crash. Doch da fängt der Alptraum für ihn erst an. Nicht er sei das Opfer, sondern der Täter, macht ihm die Polizei klar und buchtet ihn im berüchtigsten Knast Südafrikas ein. Nur durch seinen Vater, alter Militärveteran, kann er entkommen. Und so befindet sich der pazifistische Journalist schneller auf einer blutigen Flucht vor einem AIDS-kranken Zulu-Warlord namens Moses "Inja" ("der Hund") Mazibuko und korrupten Cops, als er es sich in seinen schlimmsten Träumen hat ausmalen können.
Keine Frage, Staubige Hölle ist ein Page-Turner, wofür alleine 82(!) Kapitel auf gut dreihundert Seiten sprechen. Flugs wechselt Roger Smith die Perspektive, lässt dem bemitleidenswerten Robert Dell auf seiner Flucht den Angstschweiß ausbrechen, den Ex-Sonderermittler Disaster Zondi (bekannt aus Kap der Finsternis) sich auf seinem ganz privaten Trip in die Vergangenheit in die Büsche schlagen oder einen Inja Schafskopf futtern – möge es seiner Kraft nützen.
Die Kombination aus maximaler Brutalität und Kaltblütigkeit sowie den gespenstischen Vorstellungen des Zulu-Kriegers sind Nervenkitzel und Adrenalin pur. Teilweise, man muss es so sagen, in ihrer Drastik aber auch zu plakativ, zu brechreizerregend, ganz einfach too much:
Inja hob die Waffe vom Kopf des Babys und schoss dem Buren mitten ins Gesicht. Der Farmer sackte nach vorn, verströmte Blut und Hirnmasse [...] Inja musste sicher sein, also schoss er der jungen Frau in den Kof. Blut spritze purpurrot über das Bild eines Massey Ferguson-Traktors [...] Er richtete die Waffe auf das kleine Mädchen. Drückte den Abzug. [...] Er trat einen Schritt zurück und erschoss das Baby. [...] Er schoss ihr in den blonden Kopf. Leerte die Pistole in die Körper der drei Erwachsenen. Der Raum stank nach Blut und Scheiße und Kordit.
Unterm Strich bleibt ein gnadenloser Schocker, der hinsichtlich Spannung jederzeit überzeugt, aber der auch mit viel Schwarz-Weiß-Malerei und so manchem arg überstrapazierten Afrika-Klischee an Substanz vermissen lässt. Thrill as thrill can – zu lasten der Tiefgründigkeit. Das hat Roger Smith schon besser hinbekommen.
Roger Smith, Tropen
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