Die Handschrift des Todes
- Heyne
- Erschienen: Januar 2010
- 10
- München: Heyne, 2010, Seiten: 544, Übersetzt: Friedrich Mader
- München: Lagato, 2011, Seiten: 6
Warum suchen sich Neueinsteiger im Krimischreibgeschäft fast immer Serienmörder als Thema? Weil man die Seiten mit einem brutalen Mord nach dem anderen leichter füllen kann, als wenn man eine komplizierte Einzeltat zu klären hat?
Warum haben alle Paradeermittler Psychostress mit sich selbst und der Familie, vor allem mit verstorbenen Kindern und uneinsichtigen Frauen, die nach 25 Ehejahren noch immer nicht kapiert haben, dass sie Polizistenfrauen sind?
Und warum macht der Heyne Verlag aus dem zutreffenden Originaltitel Think Of A Number (Denk dir eine Zahl) in der Übersetzung von Friedrich Mader Die Handschrift des Todes?
Dazu äußert sich noch ein angesehener Autor wie John Katzenbach mit einer Lobeshymne: "Herausragend! Einer der besten Thriller, den ich seit Jahren gelesen habe."
Da wird der erfahrene Rezensent bereits misstrauisch, wenn er an den ersten Worten des über 500 Seiten langen Krimis schnuppert.
Den Preis für den besten ersten Satz wird John Verdon mit Sicherheit nicht gewinnen und auch bei der Vorstellung Dave Gurneys wird dieser alte Haudegen nicht unbedingt sympathisch, denn wenn ein pensionierter Kriminalist sich die Zeit damit vertreibt, dass er alte Täterfotos digital verfremdet, weil ihm so langweilig ist, dann wird es wirklich höchste Eisenbahn, dass den erfahrenen Polizisten jemand um Hilfe bittet, ganz gegen den Willen der Frau Gemahlin. Diese wird fast schon unsympathisch beschrieben, weil sie den alten Haudegen nicht gleich mit Feuereifer in seinen ersten Rentnerfall jagt.
Zu Beginn geht es noch um Kinkerlitzchen. Da wird ein selbsternannter Lebenshilfeguru um eine prompt erdachte dreistellige Zahl gefragt und diese Zahl liegt bereits in einem Kuvert im Postkasten. Der (zukünftige) Mörder scheint also Gewalt über die Gedanken des Bedrohten zu haben und über dessen Vergangenheit Bescheid zu wissen, als dieser Gurney um Rat fragt. Trotz dessen Ratschlägen überlebt der Prominentenlebensberater nicht und Dave Gurney muss als Sonderermittler dem gesamten Polizeiapparat zeigen, wie ein richtiger Bulle seine Fälle mit Akribie und Gehirnschmalz löst.
Und dabei zeigt John Verdon, dass er aus der Werbebranche kommt und eine Handlung kreativ gestalten kann und dabei den Spannungsbogen systematisch steigern kann. Was am Anfang nach einem der üblichen Serienmörderdilemmas aussieht, wird im Laufe des Geschehens zu einem spannend und intelligent konstruierten persönlichen Mörderspiel zwischen Dave Gurney und seinem Widersacher, bei dem jeder nur auf einen Fehler des anderen wartet, um diesen zur Strecke zu bringen.
Schreiberisch darf man dem Neuling eine gelungene Arbeit attestieren. Sein Stil ist flüssig, und im ganzen Roman gibt es keinen Moment, wo der Lesefluss stoppt. Auch wenn der erfahrene Lesekriminalist nach spätestens 300 Seiten einen wohlbegründeten Verdacht hegt, so ist das Finale ein gelungener Höhepunkt einer linear durchgezogenen Handlung, die keiner Rückblenden bedurfte.
Ganz so euphorisch wie John Katzenbach möchte ich John Verdons Krimidebüt nicht beurteilen, aber im Wust des Einheitslesebreis der letzten Monate sticht Die Handschrift des Todes tatsächlich positiv heraus und macht richtig Lesespaß, wenn man ein Freund von literarischen Schnitzeljagden ist.
John Verdon, Heyne
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