Tatort - Das Phantom
- Emons
- Erschienen: Januar 2010
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- Köln: Emons, 2010, Seiten: 153, Originalsprache
Ein Roman nach einem Drehbuch
Da hat der in Köln ansässige Emons-Verlag ja eine tolle Idee gehabt. Wenn schon die erfolgreiche TV-Serie "Tatort" mitunter in Köln spielt, so kann man daraus doch auch eine Romanserie machen. Daher liest der geneigte Leser auf dem Buchcover verwundert "Ein Roman von Martin Schüller nach einem Drehbuch von Norbert Ehry". Kann das funktionieren?
Bei einem bewaffneten Raubüberfall auf eine Tankstelle wird ein Kunde angeschossen. Als sich Hauptkommissar Freddy Schenk wenig später die Bilder der Überwachungskameras ansieht fällt er fast vom Stuhl. Bevor sich der Täter eine Maske überzieht ist sein Gesicht klar erkennbar. Es ist Roland Lochte, doch dies kann nicht sein, da Lochte eine mehrjährige Gefängnisstrafe absitzt. Vor über fünf Jahren wurde er ebenfalls nach einem bewaffneten Raubüberfall als Täter identifiziert und zu insgesamt neun Jahren verurteilt. Schenk kommen plötzlich große Zweifel, ob damals der wahre Täter verhaftet wurde, denn offensichtlich gibt es einen Doppelgänger.
In der Haftanstalt will Lochte von seiner Unschuld jedoch nichts mehr wissen. Obwohl er von Anfang an die Tat geleugnet hat, hat er nun ein Geständnis abgelegt, nachdem man ihm zuvor in Aussicht stellte, die noch ausstehenden drei Jahre Haft erlassen zu bekommen. Warum sich also weiter unschuldig bekennen, wenn die Freilassung zum Greifen nah ist? Doch die Untersuchungskommission lehnt den Antrag ab, da sie an seiner plötzlichen Reue zweifelt. Wenig später entschließt sich Lochte zur Flucht und schlägt dabei einen der Wärter nieder. So wird aus dem zu Unrecht Verurteilten plötzlich ein gesuchter Mörder und bald gerät Schenk selbst ins Visier des Flüchtigen …
Kommen wir zur Eingangsfrage zurück und damit zum Kernproblem des Romans. Auf nicht einmal 150 Seiten versucht Martin Schüller aus einem Drehbuch einen Roman zu machen. Was für eine "geniale" Idee? Man schaut einen Film und erzählt die Geschichte anschließend einfach nach. So simpel kann eine "Zweitverwertung" sein. Was als Film (Tatort) erfolgreich ist, läuft bestimmt auch als Buch. Ganz falsch ist das nicht, vorausgesetzt man ist ein Fan der TV-Serie. Dumm nur, wenn man die entsprechende Folge schon gesehen hat. Kennt man die Geschichte nicht, kann durchaus zugegriffen werden, wobei man hier "lediglich" eine Verfolgungsjagd geliefert bekommt. Aufgelöst oder ermittelt, wer was getan haben könnte, wird nämlich nahezu gar nichts und wie der geheimnisvolle Doppelgänger "entdeckt" wird, ist eine Beleidigung für jeden Leser.
Der vorliegende Roman kann auf den wenigen Seiten seine Charaktere kaum zu Leben erwecken, allenfalls die beiden Ermittler und Lochte werden als Menschen greifbar. Der Lokalkolorit, den man in einem "Kölner" Tatort erwarten darf, reduziert sich fast ausschließlich auf die Nennung von Straßennamen, was die Sache für einen Nicht-Kölner nicht unbedingt spannender macht. Insgesamt ist Das Phantom eine Empfehlung für all jene, die was "für zwischendurch", also beispielsweise eine dreistündige Bahnfahrt suchen. Allzu viel Tiefgang oder gar erhöhte Spannung sollte man im vorliegenden Fall nicht erwarten und bei der "Ergreifung des Flüchtigen" (Lochte) merkt man dann plötzlich wieder, dass sich dieses Buch gut als Filmvorlage eignen würde. Aber es war ja andersrum.
Martin Schüller, Emons
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