Zu Grabe
- Fischer
- Erschienen: Januar 2011
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- Frankfurt am Main: Fischer, 2011, Seiten: 384, Originalsprache
Ermittler klettert höchstpersönlich in den Sarg
Ein Archäologe wird brutal ermordet, sein Kopf auf einem Podest im Innenhof der Universität zur Schau gestellt. Professor Novak hatte mit einigen Kollegen streit, aber die Wiener Polizei hat schnell Leander Lorentz in Verdacht, den er wurde von Zeugen am Tatort gesehen. Seine Freundin Nina Capelli bittet Chefinspektor Otto Morell um Hilfe, der sich nicht lange bitten lässt, und aus der Provinz in die Hauptstadt fährt, um seinen Freunden zu helfen. Dort gerät er zunächst mit dem Ermittler aneinander, um dann in einer Undercover-Aktion nach Fakten zu suchen. Morell hat einiges durchzustehen, bevor er der Lösung näher kommt. Dabei sammelt er auch Erkenntnisse über einen alten Kriminalfall, den er nicht lösen konnte. Doch dann gerät Morell in Lebensgefahr – und nur der Zufall hilft ihm entscheidend weiter.
Daniela Larcher präsentiert sich ihren Lesern als gute Geschichten-Erzählerin. Sie versteht es hervorragend, falsche Fährten auszulegen und früh den Eindruck zu vermitteln, der Leser wisse genau, wie der Fall ausgeht. Der Eindruck täuscht gewaltig, und mit etlichen neuen Wendungen gelingt es der Autorin, die Spannung kontinuierlich hoch zu halten. Mit Otto Morell hat die Autorin einen Ermittler kreiert, der zuweilen so betulich wie ein bayrischer Tatort-Kommissar daher kommt. Aber dann zeigt der Provinz-Polizist wiederum bemerkenswerten Intellekt und überrascht die Leser mit höchst kreativer Ermittlungsarbeit. Es ist schon ungewöhnlich, wenn ein Chefinspektor undercover in einem Beerdigungsinstitut arbeitet, um dort Informationen über einen lange Vermissten zu sammeln.
Neid und Missgunst in der akademischen Welt werden von Daniela Larcher sehr authentisch dargestellt. Das gegenseitige Belauern in einem Grabungsteam wirkt glaubwürdig, und auch die leicht weltfremden Akademiker werden überaus treffend charakterisiert. Richtig amüsant ist der Dozent mit seinem selbst gebrannten Schnaps inmitten seiner Berge hochgeistiger Bücher.
Überhaupt wirkt der Roman gut recherchiert, die Geschichte ist gefällig erzählt, das Finale einfallsreich gestaltet. Dennoch fehlt dem Buch ein wenig der letzte Pfiff, es wirkt zuweilen etwas zu routiniert geschrieben. Die Autorin sollte intensiv an den Dialogen ihrer Protagonisten feilen, um sich von Durchschnittsromanen besser abheben zu können. Immerhin reißt die unkonventionelle Ermittlungsarbeit des Kommissars einiges wieder raus, aber die Koch- und Diätgespräche zwischen Morell und Capelli sind insgesamt doch etwas dürftig geraten.
Angenehm ist die Nähe zu den Figuren, die gut charakterisiert werden. Eine nette Nebengeschichte, die für reichlich Heiterkeit sorgt, ist die Babysitter-Rolle für Pfalnzen und Kater, die Morell seinem Assistenten zumutet, den er in der Provinz zurück lässt. Eine echte Fleißarbeit hat die Autorin mit den literarischen Zitaten zum Thema Tot und Grab abgeliefert, die jedem Abschnitt – Kapitel sind diese wenige Seiten lange Teilstücke kaum zu nennen – voran gestellt wurden. Zuweilen echte Schätzchen, aber mit der Zeit wird es dem Leser dann doch zu viel. Die schiere Masse dieser sinnigen Sprüche beginnt irgendwann zu nerven, und man überliest sie. Hier wäre weniger eindeutig besser gewesen. Schade eigentlich, ein guter Ansatz wird so kaputt gemacht.
Dabei sind die kurzen Szenen und schnellen Ortswechsel angenehm zu lesen. Der Roman bietet angenehme und unterhaltsame Lektüre, ohne dabei wirklich innovativ zu sein. Von Popcorn-Kino in gedruckter Form kann deshalb keine Rede sein, aber gute Fernsehunterhaltung, um bei dem Vergleich zu bleiben, bietet Daniela Larcher allemal. Bei den offenbar geplanten Fortsetzungen mit Chefinspektor Otto Morell sollte die Autorin allerdings ihre zweifellos vorhandene Kreativität etwas mehr ausleben, um einen wirklich guten Roman zu schreiben.
Daniela Larcher, Fischer
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