Wer lügt gewinnt
- Klett-Cotta
- Erschienen: Januar 1999
- 6
- São Paulo: Companhia das Letras, 1998, Titel: 'Elogio da mentira', Originalsprache
- Stuttgart: Klett-Cotta, 1999, Seiten: 217, Übersetzt: Barbara Mesquita
- München: Knaur, 2003, Seiten: 252
- München: Knaur, 2007, Seiten: 252
Tempo- und giftreicher Latinokrimi
Es gibt manche Romane, die eine halbe Ewigkeit darauf warten müssen, gelesen zu werden. Melos Wer lügt, gewinnt ist so ein Fall. Die 2003er Auflage lag vier Jahre nahezu unberührt in meinem Regal und es ist wohl nur der Neuauflage des Romans im September 2007 zu verdanken, dass ich das Buch nun endlich gelesen habe. Und nun ärgere ich mich, weshalb ich diesen Roman solange erfolgreich ignoriert habe, denn Wer lügt, gewinnt ist gut, überraschend gut sogar und für einen südamerikanischen Krimi ungewohnt temporeich und erfrischend.
Jose Guber ist ein erfolgloser Krimiautor, der, als er die Schlangenforscherin Fulvia kennen lernt, vorgibt auf Recherche für einen neuen Roman zu sein. Die beiden verlieben sich und Fulvia sieht in dem Autor den perfekten Komplizen für die Ermordung ihres Mannes. Gemeinsam planen sie einen Hinterhalt, in dem Fulvias Mann von einer sehr giftigen Schlange gebissen werden soll. Zur gleichen Zeit werden jedoch sämtliche Krimi-Exposes Gubers von dessen Verleger zurückgewiesen und er droht seinen Vertrag zu verlieren. Doch die attraktive Sekretärin des Verlags, Ingrid, weiß hier einen Ausweg.
Frei Schnauze erzählt
Spätestens an dieser Stelle hat der Leser erkannt, dass sich bis dahin alle auftretenden Figuren angelogen haben. Guber reicht Exposes ein, die von berühmten Kriminalromanen abgekupfert sind. Sein Verleger, bezieht sich auf van Dines "Goldene Regeln für den Kriminalroman", um einen Vorwand für Gubers Rausschmiss zu haben. Fulvia erzählt Guber, dass ihr Mann sie schlage und sie ihn deshalb umbringen müsse. Hinzu kommen noch einige andere große und kleine Lügner. Wer hier also letztlich gewinnt, wird sich erst noch herausstellen müssen.
Melo erzählt diesen Roman beinahe ohne Wort und Komma. Sie reiht Halbsätze, Gedanken und Ausrufe gnadenlos aneinander und erreicht dadurch ein galoppierendes Tempo in ihrer Erzählung. Das Ergebnis ist beeindruckend: Wer lügt, gewinnt ist ein sehr modern wirkender, südamerikanischer Roman.
Spannend bis zum Schluß
Der zunächst etwas plump wirkende Titel ergänzt sich dabei ganz hervorragend mit der Spannungskurve. Bis kurz vor Schluss ist wirklich unklar, wer letztlich den Kopf aus der Schlinge ziehen kann, wer am besten lügt. Und leidet man in den ersten Kapiteln noch mit dem hoffnungslosen Looser Jose Guber, so macht dieser bis zum Ende eine erstaunliche Wandlung und verspielt sämtliche Sympathien.
Die Autorin beweist mit diesem Roman ihren Lesern, wie sehr die moderne Gesellschaft im Alltag betrogen wird. Sie verbindet dies eindrucksvoll mit der These, dass die Gesellschaft selbst betrogen werden will. Leichtgläubigkeit und Kritiklosigkeit eröffnen Betrügern und Scharlatanen Tor und Tür. Beeindruckend, wie auch der deutsche Verlag von Patricia Melo diese Aspekte aufgegriffen hat und auf das Cover Deutscher Krimipreis druckt. Den hat die Autorin allerdings gar nicht für diesen Roman erhalten, sondern für den Vorgänger O Matador. Wer lügt, gewinnt eben...
Patrícia Melo, Klett-Cotta
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