Todfracht
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2009
- 1
- München: Blanvalet, 2009, Seiten: 397, Originalsprache
Rungholt ist zurück in Lübeck: Jähzornig wie immer
Lübeck 1393
Rungholt unternimmt einmal mehr den Versuch mit Hilfe seines Kapitäns Marek seine Wasserangst abzulegen, als beide einen Schrei von einem in der Nähe befindlichen Schiff vernehmen. Dort angekommen finden Sie einen toten Mann und dessen verängstigte junge Frau vor, die sich versteckt hält. Die Mörder können Rungholt und Marek gerade noch entkommen. Das Ehepaar war auf der Reise nach Englang und auf der Flucht vor der Familie der Frau, die ihre Liebesheirat nie verwunden hat, war sie doch einem anderen Mann bereits versprochen. Doch nach und nach ahnt Rungholt, dass ihm die hübsche Frau, die er kurzerhand zu ihrem Schutz bei sich zuhause unterbringt, nicht die ganze Wahrheit sagt.
Rungholt hat einmal mehr Blut geleckt und will den Mörder finden, als ihm sein alter Widersacher Hermann Kerkring in die Quere kommt. Dieser ist seit einem Jahr nicht mehr Richteherr, sondern nur noch Stadtschreiber und will unbedingt in sein altes Amt zurück. Da kommt ihm ein Mord an einer Hübschlerin sehr entgegen, denn mit Hilfe von zwei Ganoven gelingt es ihm, den neuen Richteherr Plönnies mit dem Tod der Dirne in Verbindung zu bringen. So bittet er schließlich Rungholt für ihn den Mordfall zu untersuchen, damit anschließend er, Kerkring, gegenüber dem Stadtrat die Unschuld Plönnies beweisen kann. Dieser wäre ihm dann einen Gefallen schuldig und müsste ihn in sein altes Amt als Richteherr wieder aufnehmen.
Rungholt denkt natürlich nicht daran Kerkring bei seinem perfiden Spiel zu helfen, doch er hat keine Wahl, denn Kerkring befindet sich im Besitz von Rungholts Sündenbuch. Würde in der Stadt bekannt, dass Rungholt einst zum Mörder wurde, müsste er wohl die Stadt sofort verlassen. So ermittelt er auf altbekannte Manier und entdeckt bald, dass es mehr als zwei Morde gab und diese alle miteinander zusammen hängen. Ohne es zu ahnen, bringt er durch seine Ermittlungen seinen Schwiegersohn Daniel im fernen England in Gefahr…
Erneut wird die Serie kongenial fortgesetzt
Der bärbeißige Kaufmann Rungholt ist nach seinem Ausflug nach München (Knochenwald) wieder zurück in Lübeck und wird dort mit seinem schlimmsten Albtraum konfrontiert, dem Tod seiner großen Liebe Irena. Ausgerechnet Kerkring, Rungholts Erzfeind, ist in den Besitz seines "Sündenbuchs" gekommen und weis daher, was vor vielen Jahren im fernen Novgorod passierte (Rungholts Sünde). Rungholts Geschichte, angefangen bei der Groten Mandränke anno 1362, jener Sturmflut bei der die Insel Rungholt und mit ihr Rungholts ganze Familie im Meer versank, bis hin zu den Ereignissen in Novgorod, wo er zum Ligawyj, zum Bluthund wurde, zieht sich durch den gesamten Roman.
Ein Bier geht immer
Nun muss man gewiss nicht die drei bisherigen Rungholt-Romane gelesen haben, um Todfracht verstehen zu können, doch mehr Spaß macht es natürlich schon, wenn man die ganze Geschichte kennt. Diese wird hier einmal mehr kongenial weitergeführt, wobei gerade das Wiedersehen mit Rungholts Erzfeind Kerkring für eine besonders pikante Note sorgt. Rungholt wäre nicht er selbst, würde er dem intriganten Ratsherrn, den er noch zwei Romane zuvor höchstpersönlich aus dem Amt jagte, nicht an den Kragen gehen. Dies dann in der Praxis zu erleben, ist eine der typischen Szenen, die die Rungholt-Reihe so lesenswert und seinen Protagonisten so unnachahmlich macht. Man spürt förmlich wie selbst kleinste Anlässe die Wallung des übergewichtigen Koloss derart dramatisch steigern, dass dieser aus dem Nichts heraus explodiert. Man fühlt mit Rungholt, denn wer kennt nicht die Situation, in der man seinem Gegenüber spontan am liebsten eine reinhauen würde. Der Unterschied ist, dass die Romanfigur mit der Gnippe (Klappmesser) schnell zur Hand ist und trotz körperlicher Hemmnisse selbst einem reinen Faustkampf nur selten aus dem Weg geht. So kennen und lieben wir ihn. Jähzornig, fluchend, saufend und immer die Gerechtigkeit im Sinn, selbst wenn er dabei über Leichen gehen muss.
Schade an Todfracht ist, dass einige Erzählstränge nicht gänzlich zu Ende geführt werden. So erfährt man beispielsweise kaum etwas über die Motive des Mörders und Daniels Erlebnisse in England enden ebenfalls ein wenig abrupt. Vielleicht ist Letzteres sogar beabsichtigt, denn Autor Derek Meister wünscht sich in seinem Nachwort einmal mehr, dass die Leser/innen Rungholt bei dessen nächstem Abenteuer erneut zur Seite stehen. Dann dürfte es auch mit Kerkring ein weiteres Duell geben. Herrliche Aussichten!
Derek Meister, Blanvalet
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