Die Eisheilige
- Piper
- Erschienen: Januar 1998
- 4
- München; Zürich: Piper, 1998, Seiten: 289, Originalsprache
- München; Zürich: Piper, 2000, Seiten: 293, Originalsprache
- München; Zürich: Piper, 2002, Seiten: 293, Originalsprache
Ein rundum unterhaltsames Buch, bei dem die Spannung nicht zu kurz kommt
Herrlich überzeichnete Figuren beschreibt Susanne Mischke in ihrem Roman "Die Eisheilige". "Warum haben Sie ihren Mann nicht als vermisst gemeldet?" wird Sophie Kamprath gefragt, nachdem ihr Mann bereits 3 Wochen verschwunden ist. "Weil ich ihn nicht vermisst habe", ist die völlig logische Antwort. Strafbar ist es ja nicht, jemanden nicht als vermisst zu melden.
Sie hat es nicht leicht mit ihrem Mann Rudolf, die Sophie. Rudolf ist wesentlich älter seine Frau, von Beruf Lehrer und ein ziemlicher Kotzbrocken. Er läßt keine Gelegenheit aus, seine Frau zu unterdrücken und ihr aufzuzeigen, wie dumm sie ist. Und Sophie, die Analphabetin ist, lässt sich dies alles über Jahre hinaus gefallen. Doch Sophie ist nicht dumm, im Gegenteil. Sie hat einige außergewöhnliche Talente: Sie ist eine hervorragende Tierpräparatorin und eine ebenso gute Schneiderin.
Mit ihren Nachbarn hat sie jahrelang kaum Kontakt. Bis Dotti Weinzierl ihr Talent als Schneiderin entdeckt. Frau Weinzierl ist die Karikatur einer typischen neugierigen, schwatzhaften, spießigen Nachbarin. Und dann beginnt alles: Bei einer Anprobe verwünscht Sophie den widerwärtigen Menschen, der Frau Weinzierls Haus streicht und gerade vom Gerüst auf deren heißgeliebte Rosen pinkelt. Worauf dieser prompt zu Tode stürzt.
Danach kann sich Sophie kaum noch vor zweideutigen "Aufträgen" ihrer Nachbarinnen retten. Uns als zwei weitere dieser "Aufträge" prompt erledigt werden, ist für die Nachbarschaft klar, dass Sophie das Talent besitzt, durch blose Verwünschung töten zu können. Und dann verschwindet auch noch Sophie´s Mann. Zufall? Gibt es für alles eine logische Erklärung? Oder hat Sophie wirklich den bösen Blick?
Es tauchen natürlich noch viele weitere mit dezentem Witz gezeichnete Charaktere in diesem Roman auf: Da wäre zum Beispiel Axel Kölsch, Berufsanfänger, sowohl Sophies Nachbar als auch ihr Anwalt. Und die Frauen, die ihn umgeben: Seine hinkende Chefin Karin Mohr, die erste Frau von Sophies Mann Rudolf, auf den sie schon einen Mordversuch unternommen hat. Oder deren Freundin Maria, die nicht sonderlich gut auf Männer zu sprechen ist. Und auch Kriminalkommissarin Claudia Tomaselli, die ein Auge auf Axel geworfen hat. Und schließlich ist da noch der Student Mark Bronski, Frau Weinzierls Untermieter, der sich mit Sophie angefreundet hat und sich auch von ihr schöne Frauenkleider schneidern lässt.
Der Roman von Susanne Mischke erinnert mich ein wenig an Ingrid Noll, mit deren Humor ich persönlich jedoch nicht soviel anfangen kann. Man könnte den Roman als ironischen Kriminalroman bezeichnen. Ebensogut könnte man auch sagen, dass es sich um eine Gesellschaftssatire handelt. Zumindest aber ist es ein rundum unterhaltsames Buch, bei dem die Spannung nicht zu kurz kommt, bei dem man aber auch nachdenken kann. Also ein vielseitiges Werk, wie ich es selten gelesen habe.
Fast könnte man es auch noch als mysteriösen Psychothriller bezeichnen. Dazu wird jedoch vieles nur angerissen, um dann schließlich doch plötzlich eine andere Wendung zu nehmen. Einiges Potential, das der Roman bietet, wird leichtfertig verschenkt. So wäre zum Beispiel auch aus den Themen Inzest, Travestie, Homosexualität und Analphabetismus, wenn man sie schon anschneidet, mehr herauszuholen gewesen.
Von Vorteil ist es gerade bei Susanne Mischke, dass es sich um eine deutschsprachige Autorin handelt. Denn bei Wortspielen, wie sie sie gelegentlich bietet, haben Übersetzer naturgemäß die größten Probleme.
Die Aufklärung der Todesfälle bietet viel Überraschendes, lassen den Leser aber auch mit ein paar Rätseln zurück.
Susanne Mischke, Piper
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