P.S. Ich töte dich

  • Droemer
  • Erschienen: Januar 2010
  • 4
  • München: Droemer, 2010, Seiten: 272, Originalsprache
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Andreas Kurth
76°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2010

Spannende Kurzweil in attraktiver Verpackung

Sebastian Fitzek als Initiator des Projekts bemerkt im Vorwort zu Recht, dass es mitunter schwieriger sei, eine Kurzgeschichte zu schreiben, als einen ganzen Roman. Das kann ich aus journalistischer Erfahrung bestätigen – eine Zehn-Zeilen-Meldung ist schwieriger als ein langer Vierspalter. Die 13 Autoren - Sebastian Fitzek, Val McDermid, Thomas Thiemeyer, Torkil Damhaug, Petra Busch, Michael Connelly, Markus Heitz, Michael Koryta, Steve Mosby, Judith Merchant, Jens Lapidus, Markus Stromiedel und Jilliane Hoffman – lösen diese Aufgabe mit unterschiedlicher Originalität und Qualität. Und einer verfehlt leider das Thema komplett – doch dazu später mehr. Der Verlag verspricht "wohlige Schauder für die dunkelste Zeit des Jahres" - das ist nicht übertrieben, gilt aber nicht für alle Geschichten.

Die meisten der routinierten Thriller-Autoren beherrschen die Klaviatur von Spannung und Grusel relativ perfekt. Busch, Fitzek, Heitz, Stromiedel und Thiemeyer haben ihre Geschichten eigens für diesen Sammelband geschrieben, der Rest ist bereits in der jeweiligen Original-Sprache erschienen. Sebastian Fitzek präsentiert – wenig überraschend – einen Mann, der Stimmen in seinem Kopf hört. Immerhin wird daraus auf den wenigen Seiten, die zur Verfügung stehen, eine knackige Geschichte. Etwas schneidiger kommt allerdings Val McDermid daher. Bei ihr geht es um einen Serienmörder, der seinen Opfern den Mund zuklebt, sie mit Draht fesselt und dann ertränkt oder verbrennt – bei vollem Bewusstsein. In Kurzform wird eine Handlung präsentiert, die eines Romans würdig wäre - die Autorin zeigt hier ihr ganzes Können. Da fällt Thomas Thiemeyer mit seiner Geschichte völlig aus dem Rahmen. Er hat keinen Thriller verfasst, sondern eine gesellschaftskritische Reflexion über Fiction und Realität in den Zeiten des Internets. Interessant zu lesen – aber in dieser Sammlung völlig deplatziert. Torkil Damhaug schildert das Treiben eines narzistischen Killers, bei Petra Busch geht es um Rache. Michael Connelly zeigt, dass sein Serienheld Harry Bosch eine sentimentale Ader hat. Markus Heitz ragt mit seiner Geschichte wiederum etwas heraus – sie wäre eines kompletten Romans würdig. Es geht um perfide Mordmethoden und Rache, sehr lesenswert.

Bei Michael Koryta geht es um einen Totengräber, der mit Verstorbenen kommuniziert, und Steve Mosby schreibt über einen Mord aus Eifersucht. Hervorzuheben ist Judith Merchants "Monopoly", sie bekam dafür 2009 den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte Kurzkrimi. Wenn sie das Niveau dieser tollen Geschichte auf Romanlänge ausdehnen und halten kann, wird man noch über ihre Werke reden. Jens Lapidus beschreibt unfreiwillige Erfahrungen mit Drogen, bei Markus Stromiedel geht es – ziemlich gruselig - um einen geisteskranken Mörder, und Jiliane Hoffmann schildert einenperfiden Mord auf einer nächtlichen Ski-Piste.

Das Buch ist mit seiner ungewöhnlichen und wirklich originellen Aufmachung ein Blickfang für jedes Bücherregal. Wie ein Moleskin-Notizbuch, mit dem typischen Gummiband, eignet es sich aber auch bestens für die Lektüre unterwegs. Der Vorteil dabei ist, dass man die attraktive Geschichten-Sammlung wie eine Tafel Schokolade konsumieren kann – Häppchen für Häppchen genießen, oder gierig in einem Rutsch verschlingen. Wobei ich die Häppchen-Methode empfehle, denn nicht alle Beiträge haben das vielleicht zu erwartende hohe Niveau. Einige sind eher Durchschnitt, lesenswert, aber nicht weiter der Rede wert. Andere wären es wert, zu einem Roman ausgearbeitet zu werden – und diese Knüller machen die Sammlung interessant.

Letztlich ist es bei so einem Sammelband immer wie bei Bücher- oder CD-Paketen: Keiner kann erwarten, nur Top-Ware zu bekommen. Solange die richtig guten Geschichten in der Mehrzahl sind, und der Rest immerhin oberer Durchschnitt, ist das in meinen Auge in Ordnung. Aufgewertet wird der Sammelband durch graphologische Kurzgutachten zu allen Autoren. Da wird Sebastian Fitzek als "workaholic" geoutet, von Markus Heitz erfährt der Leser, dass sich der Autor nicht mit dem Alltagsgeschehen zufriedengibt. Michael Connelly ist demnach ein Exzentriker, und Val McDermid glänzt mit diplomatischer Einfühlsamkeit. Eine nette Zugabe, denn man erfährt Dinge, die in den offiziellen Biographien der Autorinnen und Autoren so nicht immer zu lesen sind. Insgesamt also eine durchaus pfiffige Lektüre, Streichergebnis ist nur der Beitrag von Thomas Thiemeyer. Da hat das Lektorat wohl irgendwie gepennt.

P.S. Ich töte dich

Sebastian Fitzek, Droemer

P.S. Ich töte dich

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