Himmel Polt und Hölle

  • Haymon
  • Erschienen: Januar 2001
  • 4
  • Innsbruck: Haymon, 2001, Seiten: 204, Originalsprache
  • Wien: Preiser, 2003, Seiten: 3, Übersetzt: Wolfram Berger
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Wolfgang Weninger
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2003

Der bauernschlaue Gendarm Polt wird zur Kultfigur

In Burgheim ist der Teufel los. Jemand verrichtet vor dem Gemeindeamt seine Notdurft, dem Hahn des Pfarrers wird der Kragen umgedreht, im Zeughaus der Feuerwehr wird ein Brand gelegt und draußen im Wald wird ein erhängtes Reh gefunden. Kein leichtes Leben also, das dem Gendarmen Simon Polt in diesem ansonsten idyllischen Dörfchen im nördlichen Weinviertel nahe der tschechischen Grenze beschieden ist.

Hier auf dem Land, wo sich das Leben zwischen Kirche, Wirtshaus und Presshäusern abspielt, kennt jeder jeden. Der wackere Dorfgendarm Polt, den so leicht nichts aus der Ruhe bringen kann, geht von Haus zu Haus, von Wirtshaustisch zu Wirtshaustisch und von Weinkeller zu Weinkeller, befragt seine Pappenheimer und observiert die Tatorte des schändlichen Treibens. Bei den Gesprächen kommt zu Tage, dass die dörfliche Gemeinschaft nicht nur aus lauteren Weinbauern besteht, sondern so ziemlich jeder irgendwo in der Vergangenheit einen schwarzen Punkt in seinem Vorleben aufzuweisen hat. Und irgendjemand hat Angst davor, dass dieses Vorleben aufgedeckt wird. Opfer dieser Angst wird ausgerechnet die dralle Pfarrersköchin Amalie, die nach dem Genuss eines mit Tollkirschen versetzten Luxustropfens, Marke Cabernet Sauvignon 1979, das Zeitliche segnet.

Jetzt wird es ernst am Land. Auch die Kripo aus Wien schaltet sich ein. Lückenlos wird der Lebenslauf der verschiedenen Amalie zerpflückt und dabei stellt sich heraus, dass die lebenslustige junge Dame mit dem begnadeten Kochhändchen ihre Gunst im Laufe der Jahre mehr als einem Dorfbewohner geschenkt hat. Ob Pfarre, Polizeichef, Lehrer, Messner oder Winzer, alle haben ihr Herzchen droben am Grünberg in den Stamm der Teufelsbuche geritzt. Während Polt überraschend in den Besitz eines Presshauses gelangt, bleibt ihm jedoch keine Zeit sein neues Domizil mit der ihm nahestehenden Lehrerin zu teilen, denn einer aus seiner Umgebung ist zum Mörder geworden.

Der Österreicher Alfred Komarek, bekannt durch eine Unzahl von Arbeiten für Hörfunk und Fernsehen, hat mit "Himmel, Polt und Hölle" den bislang dritten Band über den gemütlichen Dorfgendarmen Simon Polt (in den Verfilmungen von "Polt muss weinen" und "Blumen für Polt" genial durch Erwin Steinhauer zum Leben erweckt) auf den Krimimarkt gebracht. Dieses Buch ist ein ganz leiser Krimi. Hier wimmelt es nicht von Action und brutalen Psychopathen. Hier drängt sich nur ein dummer Zufall in das ansonsten beschauliche Leben auf dem Land. Wie Komarek mit schlichten Worten eindrucksvoll Landschaftsbilder des Weinviertels malt, wie er das Leben der Menschen rund um Wein und Weinbau skizziert, wie er den Kumpeltyp Polt als gewachsenes Element in die Dorfgemeinschaft stilisiert, dazu gehört schon sehr viel Liebe zu diesem österreichischen Landstrich, um derart meisterlich den Leser in ein Szenario zu führen, das in der Krimilandschaft seinesgleichen sucht.

Von der ersten Zeile an fühlte ich mich in dieses Buch verwurzelt. Als Kenner vor Ort und ehemaliger Presshausbesitzer stiegen in mir Bilder dieser mit Reben bewachsenen Hügel auf. Obwohl Komarek betont, dass diese Ortschaft nur ein Produkt seiner Phantasie ist, könnte sich die Handlung in jedem kleinen Nest zwischen March und Thaya abgespielt haben. Dieser Kriminalroman fesselt nicht durch forensische Ermittlungsarbeit oder psychologische Täterprofile sondern durch seine feine Charakterisierung dörflichen Lebens. Mit "Himmel, Polt und Hölle" hat Alfred Komarek für mich ein weiteres Elaborat geschaffen, das den bauernschlauen Gendarmen Polt zu einer Kultfigur werden lässt, die vom Lokalkolorit her jeden italienischen Commissario um Längen schlägt.

Himmel Polt und Hölle

Alfred Komarek, Haymon

Himmel Polt und Hölle

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