In seinen Händen

  • Page & Turner
  • Erschienen: Januar 2011
  • 8
  • New York: Dutton, 2010, Titel: 'Caught', Seiten: 388, Originalsprache
  • München: Page & Turner, 2011, Seiten: 448, Übersetzt: Gunnar Kwisinski
In seinen Händen
In seinen Händen
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2010

Temporeicher Pageturner des Erfolgsautors

Als die siebzehnjährige Haley McWaid spurlos verschwindet bricht für deren Eltern eine Welt zusammen, denn trotz intensiver Ermittlungen kommt die Polizei keinen Schritt weiter. Eine Welt bricht derweil auch für den Sozialarbeiter Dan Mercer zusammen, denn als dieser dem Hilferuf einer Dreizehnjährigen folgt, sieht er sich an dem verabredeten Treffpunkt der bekannten TV-Reporterin Wendy Tynes gegenüber, die in ihrer berühmt-berüchtigten Livesendung vermeintlichen Pädophilen eine Falle stellt.

Vor Gericht geht es zunächst darum, ob gegen Mercer Anklage erhoben wird. Da Tynes kurz vor dem Eintreffen der Polizei in Mercers Haus war, gelingt es dessen Verteidiger das Gericht davon zu überzeugen, dass es womöglich Tynes selbst war, die den später beschlagnahmten Laptop Mercer untergeschoben hat. Auf diesem befand sich eindeutiges Material. Da im Zweifelsfall die Unschuldsvermutung gilt und Tynes offenbar etwas zu übereifrig war, kommt es nicht zu einem Verfahren. Tynes, die nun als Reporterin angeschlagen ist, wird umgehend von ihrem Sender entlassen und erhält plötzlich einen Anruf von Mercer, der sie um ein Gespräch bittet. Zögerlich stimmt sie zu und trifft sich mit ihm in dessen Wohnwagen. Doch kaum hat das Gespräch begonnen, betritt ein maskierter Mann den Wohnwagen und erschießt Mercer. Anhand der Armbanduhr des Täters ist sich Tynes sicher, dass der Mörder nur Ed Grayson sein kann, dessen Sohn von Mercer angeblich sexuell belästigt wurde und der daraufhin Rache geschworen hat.

Als die Polizei am Tatort eintrifft gibt es jedoch ein Problem; die Leiche ist weg. Ohne Leiche und ohne Tatwaffe haben die Ermittler nichts in der Hand und müssen Grayson laufen lassen. Stattdessen versuchen sie, die letzten Tage im Leben Mercers zu recherchieren und stoßen dabei auf ein Hotelzimmer, in dem sie ein Handy finden, dass der verschwundenen Haley gehörte. Sollte Grayson die einzige Person erschossen haben, die über den Aufenthaltsort des Mädchens Bescheid wusste?

Keine Angst, zu viel wurde hier nicht verraten, denn die Inhaltsangabe gibt gerade einmal die ersten hundert Seiten wieder. Harlan Coben, der als erster Autor die drei renommiertesten amerikanischen Krimipreise gewinnen konnte (Anthony-, Edward- und Shamus-Award), macht mit seinem neuesten Roman von Beginn an hohes Tempo und präsentiert einen beeindruckenden Plot. Zunächst scheint alles klar: Ein Pädophiler entführt ein Mädchen und wird von dem Vater eines anderen vermeintlichen Opfers final zur Rechenschaft gezogen. Doch was passierte mit Haley wirklich? Gelingt es, Grayson, den hochdekorierten U.S. Marshall im Ruhestand, für sein Vergehen zur Rechenschaft zu ziehen? Und überhaupt: War Mercer wirklich der Pädophile, wie von Wendy Tynes behauptet?

Gerade der Reporterin kommen mehr und mehr Zweifel, womöglich an der Ermordung eines Unschuldigen schuldig zu sein. So beginnt sie mit eigenen Recherchen und findet in kürzester Zeit deutlich mehr heraus als die Ermittler in den Monaten zuvor. Die wundersame Wandlung der Journalistin vom sensationsgeilen Racheengel hin zur wahrheitsliebenden Detektivin ist zwar gewöhnungsbedürftig und lässt vor allem die Ermittler recht blass aussehen, aber so ist es ja oft. Eine "Privatperson" ermittelt und findet die tollsten Sachen heraus.

Was folgt ist eine turbulente Achterbahnfahrt bei der zahlreiche Wendungen im Handlungsablauf für ordentliche Spannung sorgen. Kaum scheint sich die Handlung mal in ruhiges Fahrwasser zu begeben, folgt schon der nächste Hinweis, dass es womöglich doch alles ganz anders war. Dass der Autor dabei den Überblick behält und die Geschichte in allen Belangen "nachvollziehbar" aufklärt ist eine beachtliche Leistung, wenngleich insbesondere die Auflösung über Haleys Schicksal die meisten Leser/innen vermutlich enttäuschen dürfte.

Sprachlich mitunter überschaubar, aber ein ausgefallener Plot mit überraschenden Wendungen. In seinen Händen erschien im Verlag Page&Turner und im vorliegenden Fall ist der Verlagsname Programm. Ja, einen flotten Pageturner hat Harlan Coben eindeutig vorgelegt, den man in rekordverdächtiger Zeit verschlungen hat. Deutschlands auflagenstärkste Boulevardzeitung bezeichnete Coben einst als "Thriller-Gott". Ganz so dramatisch ist es nicht, aber trotz einiger Längen ist In seinen Händen eine klare Kaufempfehlung.

In seinen Händen

Harlan Coben, Page & Turner

In seinen Händen

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