Eifel-Rallye

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 1997
  • 10
  • Dortmund: Grafit, 1997, Seiten: 314, Originalsprache
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2008, Seiten: 9, Übersetzt: Jacques Berndorf
  • Dortmund: Grafit, 2014, Seiten: 319, Originalsprache
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Peter Kümmel
84°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Rasant erzählte Geschichte über den Motorsportwahn und seine Anhänger

Es hätte ein schöner Tag für den Journalisten Siggi Baumeister werden können. Er möchte sich einen Teich in seinem Garten anlegen und lässt sich vom Gemeindearbeiter eine Grube ausheben. Doch dann kommt der Anruf, der für die nächsten Tage alle seine Pläne über den Haufen werfen sollte. Petra, die Frau seines Freundes und Kollegen Harro Simoneit, teilt ihm mit, dass Harro an einem Herzinfarkt gestorben ist, gerade mal 32 Jahre alt und kerngesund. Auf einem Parkplatz vor dem Dorint-Hotel am Nürburgring, wo er jemanden treffen wollte, wurde er tot aufgefunden. Siggi und seine Freundin Dinah eilen natürlich sofort zu Petra nach Adenau, um ihr zur Seite zu stehen. Petra kann nicht akzeptieren, dass Harro an einem Herzinfarkt gestorben sein soll, sondern vermutet, dass er umgebracht wurde, weil er bei einer Geschichte, für die er recherchierte, wohl auf eine faule Sache gestossen ist.

Es geht um eine Rückrufaktion einer bekannten Automarke, vor der sich deren Manager Andreas von Schöntann wohl drücken wollte, um die Millionen, die die Sache kosten würde, einzusparen. Baumeister schaltet seinen Freund, den Kriminalrat a.D. Rodenstock ein, der eine zweite Obduktion von Harro Simoneit veranlasst. Dabei stellt sich heraus, dass der Journalist durch Zyankali getötet wurde, das ihm mittels eines Zerstäubers verabreicht wurde.

Dann erreicht Baumeister erneut die Nachricht von einem Mord. Walter Sirl, seines Zeichens Kunstschmied, Junggeselle und Motorrad-Verrückter aus Daun, wurde mit einem Schrotgewehr erschossen, als er auf dem Nürburgring seine Runden drehte. Zum Fall Harro Simoneit gibt es eine Verbindung, denn Walter kannte von Schöntann ebenfalls. Er hat ihm Privatunterricht im Motorradfahren erteilt.

Als Baumeister versucht, einen Interviewtermin mit von Schöntann zu bekommen, gerät er an dessen Privatsekretärin Jessica Born, die alle Aktionen des Managers plant und genauestens überwacht. Als er sein Anliegen und die Informationen, die ihm bekannt sind, vorbringt, versucht die attraktive Sekretärin ihn sogleich mit einem ungewöhnlich hoch dotierten Vertrag als Texter zu ködern, um somit sein Schweigen zu erkaufen und von Schöntann stockt dieses Angebot anschließend sogar noch auf. Doch Siggi Baumeister ist nicht käuflich.

Und so beginnt eine rasant erzählte Story, deren Stationen authentisch und so genau beschrieben sind, dass man sie schön auf der Landkarte oder, falls man eine gute Ortskenntnis der in diesem Buch gar nicht so stillen Eifel besitzt, auch ohne eine solche mitverfolgen kann.

Berndorf nimmt im sechsten Band seiner Eifel-Reihe vor allem den Motorsportwahn und dessen Anhänger sowie den Mythos des Nürburgrings gehörig auf die Schippe, wobei er auch gewiß kein einziges Klischee auslässt. Er verwebt dabei sehr geschickt reales Zeitgeschehen und reale Personen mit der fiktiven Handlung. Dabei geraten seine Protagonisten in das Verkehrschaos anläßlich des Großen Preises 1997, bei dem Ralf Schumacher seinen Bruder Michael in der ersten Runde von der Strecke schoß.

'Pinkeln könnte ich arrangieren.' Ich peilte den nächsten Feldweg nach rechts an und bretterte hinein. Aber ich hatte vergessen, wie clever diese Rennbesessenen sind. Natürlich glaubten alle, ich verfügte über genügend Ortskenntnis und würde ihnen einen ganz raffinierten Schleichweg zeigen. Also fuhr mein Rodenstock zum erstenmal in seinem Leben mit einer Eskorte von etwa fünfzig Pkw quer durch die Eifel zum Pinkeln.

Und weil Autofahrer Hordentiere sind, pinkelten dann in einem Wäldchen von etwa zweihundert Quadratmetern rund dreißig bis vierzig gestandene Mittelstandsbürger, und ihre Frauen sahen ihnen zu und stellten möglicherweise Vergleiche an. Die Pinkelpause endete, als ein Fahrer sich zutraute, eine eigene Entscheidung zu treffen. Er bretterte einfach den Weg weiter in die Wildnis - und alle anderen folgten ihm.

Kaum eine Atempause lässt der Autor seinen Lesern, denn er schickt Baumeister und Rodenstock von einer Spur zur nächsten und spinnt seinen Plot logisch voran, bringt dabei nach und nach immer neue Charaktere und auch neue Verdächtige in die Handlung ein. Man ist dabei so gefesselt vom Geschehen, dass kaum Zeit zum Atemholen bleibt. Schließlich gipfelt die Story zum Abschluß in einer wilden Verfolgungsjagd über Waldwege in der Eifel.

Gespickt mit humorvollen Randgeschichten lässt Berndorf die Rahmenhandlung keinen Moment aus den Augen, nimmt sich jedoch dabei alle Zeit, um seine markanten Figuren einzuführen: das Irmchen aus Quiddelbach, in deren Kneipe man sich früher mehr als nur ein Bier bestellen konnte; der geistig zurückgebliebene Peter, der mehr weiß als es scheint; Manni, ein reicher Landwirt und Waffennarr, der Lkw-Fahrer Heiner und seine Freundin Trixi sowie der eine oder andere Zuhälter oder Schläger aus Russland. Sie alle lernt man so genau kennen, dass man sie lebendig vor sich sehen kann.

Die "Eifel-Rallye" ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Rallye, denn die rasant erzählte Story lässt es weder an Spannung noch an Logik fehlen und bietet vergnüglichen Lesespaß.

Eifel-Rallye

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