Tod in Marseille
- Hoffmann & Campe
- Erschienen: Januar 2010
- 1
- Hamburg: Hoffmann & Campe, 2010, Seiten: 208, Originalsprache
Wenig Bella, wenig Spannung
Doris Gerckes mittlerweile fünfzehnter Bella-Block-Roman Tod in Marseille führt uns, wie der Titel schon besagt, in die pulsierende Hafenmetropole Südfrankreichs.
Vorher jedoch machen wir noch einen Abstecher auf die kanarische Insel La Gomera.
Ein neuer Gast hat im Hotel Parador eingecheckt und in der jungen Kellnerin Maria-Carmen erwächst der Gedanke, mit diesem Mann fort zu gehen und in ein anderes Leben fernab ihres lieblosen Elternhauses aufzubrechen. Doch noch bevor sich Maria-Carmen dem Fremden annähern kann, wird dieser von Polizisten erschossen. Das junge Mädchen durchsucht sein Hotelzimmer und nimmt ein Päckchen an sich, das diverse Kreditkarten, ein dickes Bündel Euroscheine und verschiedene Zeitungsausschnitten in französischer Sprache enthält. Maria-Carmen lässt sich die Zeitungsschnipsel von der alten Nini übersetzen. Die Trinkerin ist vor vielen Jahren aus Marseille auf die Kanaren gekommen und als Maria-Carmen plant, die Spur des Fremden in Marseille zu verfolgen, bietet Nini dem Mädchen ihre Begleitung an. Als Nini nach der ersten Nacht im Hotel aufwacht, ist Maria-Carmen verschwunden.
In Hamburg macht Bella Block die Bekanntschaft des Reeders Gerd-Omme Nissen. Sie wird zu einer Party in sein Haus eingeladen und bemerkt, dass der Hausherr seine Gäste mit afrikanischen Prostituierten "bewirtet". Voller Empörung verlässt Bella das Fest. Sie braucht dringend einen Tapetenwechsel und ihre Wahl fällt auf Marseille. In Südfrankreich angekommen, findet Bella nachts die alte Nini im Rinnstein und nimmt sie mit in ihr Hotel. Bella will der Alten helfen nach Maria-Carmen zu suchen, die sie im zwielichtigen Bordell von Mama Rose wähnt. Dabei macht Bella die Bekanntschaft des Polizisten Julien Grimaud und auch Gerd-Omme Nissen taucht plötzlich in Marseille auf.
Der Erfolg von Krimi-Reihen gründet auf den individuellen Charakteren ihrer Hauptdarsteller. Es ist ein bisschen wie nach-Hause-kommen, wenn man in ein neues Abenteuer mit seinen Lieblingsermittlern eintaucht. Da geht es längst nicht mehr nur um den profanen Kriminalfall. Fans von Krimi-Reihen freuen sich auf die Schrullen und Macken ihrer Helden, verfolgen gespannt deren private Entwicklung und gehen mit ihren Helden durch dick und dünn. Ist ein Buch mal nicht so gut gelungen, wird das nächste mit umso größerer Spannung erwartet. Was aber, wenn der beliebte Serienstar erst in der zweiten Buchhälfte in Aktion tritt?
In Tod in Marseille tötet er, pardon sie die Spannung. Mit dem Auftritt von Bella Block verliert sich der Roman in Reisebeschreibungen und Milieustudien. Bella wandert auf den Spuren bekannter Literaten wie Jean-Claude Izzo oder Anna Seghers und spürt deren Geschichten nach. Schade, die Anfangsszenerie verspricht einen spannenden Krimi, doch je weiter die Handlung vorankommt, wird die Geschichte unlogisch und unglaubwürdig. Es bedarf einer enormen Anhäufung von Zufällen, um die Beteiligten aufeinander treffen zu lassen und für die beiden Handlungsstränge eine kleine Schnittstelle zu erzeugen. Bella ermittelt in diesem Band auch nicht wirklich. Die Verbrechen werden dem Leser offen präsentiert und wenn am Ende noch ein Mord geschieht, ist Bella längst wieder zu Hause in Hamburg.
Doris Gercke kann sehr schön erzählen und ihr Blick auf Marseille und für Menschen langweilt zu keiner Zeit. Man darf von dem Buch nur keinen spannenden Krimi erwarten.
Doris Gercke, Hoffmann & Campe
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