So unselig schön
- Ullstein
- Erschienen: Januar 2011
- 19
- Berlin: Ullstein, 2011, Seiten: 432, Originalsprache
Und es gibt ihn doch, den guten Krimi aus Deutschland.
Die junge Vicky Senger hat ein ungewöhnliches Hobby, "urban exploring". Sie fotografiert verlassene und dem Verfall entgegen siechende Industriebrachen, um deren mitunter morbide Schönheit für die Nachwelt festzuhalten. So steigt sie auch in ein leer stehendes Brauereigebäude in Münchens Süden ein, um einige Aufnahmen zu machen. Dabei entdeckt sie die enthauptete Leiche einer jungen Frau. Kommissar Dühnfort und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und kommen zunächst nicht weiter. Erst als sich ein Zeuge meldet, der gesehen haben will, wie das ermordete Mädchen kurz vor Ihrem Verschwinden in einen silbernen Jaguar mit Münchener Kennzeichen einstieg, gibt es einen Anhaltspunkt, denn in der Stadt sind nur 29 dieser Fahrzeuge zugelassen. Da der Kopf des Mädchens mit großer Präzision abgetrennt wurde und das Szenario des Fundortes arrangiert wirkt, glaubt Dühnfort, es mit einem Serienmörder zu tun haben.
Die Ermittlungen ergeben, dass es vor rund sechs Jahren in Düsseldorf einen ähnlichen Fall gegeben hat, der nie aufgeklärt werden konnte. Hauptverdächtiger war damals ein Mann, der heute als Maler seinen Lebensunterhalt verdient. Unter dem Künstlernamen Carne verarbeitet er in blutrünstigen Bildern seine eigenen Kindheitstraumata. Die Spuren führen in die Kunstszene und so stoßen die Ermittler auf einen Schönheitschirurgen und den Leiter einer Wohlfahrtsstiftung. Beide fahren einen silbernen Jaguar und geben sich für die Zeit in der das Mädchen in das Auto stieg gegenseitig ein Alibi.
Kommissar Dühnfort und seinen Kollegen läuft die Zeit davon, denn ein Serienmörder schlägt bekanntlich wieder zu. Währenddessen findet Vicky auf einigen ihrer älteren Fotos aus der Brauerei einen möglichen Hinweis und spielt heimlich Detektivin. Schon bald gerät sie dabei in Schwierigkeiten…
Der dritte Roman der Kommissar-Dühnfort-Reihe So unselig schön ist ein weiterer Beweis dafür, dass es hierzulande durchaus sehr gute Kriminalromane gibt. Die Serie von Inge Löhnig zeichnet sich vor allem durch eine große Detailverliebtheit und Gradlinigkeit aus. Die einzelnen Figuren sind lebhaft dargestellt, die örtlichen Gegebenheiten werden detailliert, aber nicht langatmig beschrieben und auch der Plot selbst wird konsequent vorangetrieben.
"Die Leiche war mit Zweigen, Gräsern und Laub bedeckt. Ein Wanderer hat sie gefunden. Sein Hund ist ihm davon, er hinterher, und dann war der Tag für ihn gelaufen."
Die Nebenfigur Vicky Senger nimmt die Leser mit. Mutter früh verstorben, Vater unbekannt, ab ins Heim und später auf die schiefe Bahn. Jetzt versucht sie nach dem plötzlichen Tod ihres Freundes die Kurve in ein geordnetes Leben zu bekommen. Dumm nur, dass ihr ein Mordfall dazwischen kommt und sie auch noch eigene Ermittlungen anstellt. Ähnlichkeiten zu Lisbeth Salander aus der Trilogie von Stieg Larsson sind nicht zu übersehen. Die inzwischen bekannte Hauptfigur, Kommissar Dühnfort, ist ebenfalls ein Charakter, der die Leser anspricht. Ein Kopfmensch, der sich gerne selber im Weg steht, vor allem in seinem Privat- sprich Liebesleben. Dies führt zu einigen Komplikationen mit seiner Kollegin Gina, welche die Ermittlungen nicht unbedingt vorantreiben, sowie mit seiner früheren Freundin Agnes.
Der Krimiplot selbst, um den es ja maßgeblich geht, überzeugt und hält die Spannungskurve lange im oberen Bereich. Erst tappen die Ermittler im Dunkeln, um dann gleich mehrere Verdächtige aufzutreiben. Man darf den Täter erraten und liest – bitte nicht !! – die kurze Inhaltsangabe auf der Buchrückseite. Lediglich die Auflösung selbst kommt ein wenig plötzlich daher und führt zu einem kleinen Punktabzug.
Wer dazu noch ein Faible für den französischen Schriftsteller Charles Baudelaire und seinen Gedichtband Les Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen) hat, der geht sofort in den nächsten Buchhandel. Auf den vierten Fall für Kommissar Dühnfort unter dem Titel Schuld währt ewig darf man sich bereits heute freuen.
Inge Löhnig, Ullstein
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