Das verborgene Netz
- Scherz
- Erschienen: Januar 2010
- 1
- Frankfurt am Main: Scherz, 2010, Seiten: 316, Originalsprache
- Frankfurt am Main: Fischer, 2012, Seiten: 316, Originalsprache
Boni und die Betriebsspionage
Oliver Bottini liefert mit Das verborgene Netz seinen mittlerweile fünften Krimi um die Kripo-Hauptkommissarin Louise Boni ab, die mit ihren Depressionen und dem massiven Alkoholproblem eine Art deutsches Gegenstück zu Jo Nesboes Harry Hole darstellt. Bottini hat in den vorangegangenen Romanen jedoch bewiesen, dass er den Vergleich mit Nesboe keinesfalls zu scheuen braucht, sondern mehr noch seinen ganz eigenen, fesselnden Erzählstil entwickelt hat.
Dienstreise nach Berlin
Nach längerem, durch einen Alkoholentzug bedingten Arbeitsausfall sucht Louise Boni den Weg zurück. Das heißt, eigentlich taumelt sie zurück ins Berufsleben, nüchtern zwar, aber schlaflos. Ein vermeintlich einfacher Auftrag bietet sich da als Einstieg geradezu an: In Berlin wurde ein Mann in einem Hotel zusammengeschlagen. Im Nachbarzimmer logierte eine Freiburgerin, die möglicherweise etwas mit dem Überfall zu tun hatte, wenn sie auch nicht direkt beteiligt war. Boni fliegt zur Beratung der Kollegen nach Berlin und gerät unversehens in ein verstricktes und hochbrisantes Netz aus Geheimdienstspitzel, Verfassungsschutz und undurchsichtigen Absprachen im Hintergrund. Das Opfer ist Geheimdienstspitzel und die einzige Zeugin gibt sich ahnungslos ist aber verstört und weiß offensichtlich mehr als sie zugibt. Eine Spur weist nach Freiburg aber offensichtlich haben einige einflussreiche Personen großes Interesse daran, den Fall schnell zu begraben. Doch Boni lässt nicht locker, zumal nicht nur die Spuren nach Freiburg weisen, sondern sich auch die Verbrechen im Breisgau fortsetzen.
Alkoholentzug und Verfassungsschutz
Einmal mehr gelingt Bottini mit diesem 5. Roman der Reihe um Louise Boni ein starker Krimi. Vor allem deshalb, weil er sich treu bleibt. Er entwickelt gekonnt Spannung, indem er eine ständige aber unterschwellige Bedrohung aufbaut, die in einigen dramatischen Ereignissen greifbar und schrittweise gesteigert wird. Diesem Spannungsbogen folgt eine verzwickte Geschichte, die Bottini ganz dem Titel des Romans verpflichtet als ein Netz aus Verschwörungen, Lügen und Leidenschaften spinnt. Die Personen, allen voran Louise Boni, spiegeln die Ereignisse und bilden eine Parallele zur Geschichte, indem sie ihre eigenen Schwächen, Ängste und Lebenskrisen offenbaren. Die differenzierte Darstellung endet dabei keineswegs bei Boni. Bottini nimmt sich Zeit auch die übrigen Personen plastisch darzustellen. Der Fall selbst und seine Auflösung geraten dabei fast ein wenig gewöhnlich. Das tut der Spannung aber aufgrund der interessanten Figuren und des geschickten Aufbaus keinen Abbruch.
Das verborgene Netz ist nicht der stärkste Roman der Serie, aber ein starker. In den vorangegangenen Erzählungen sind die Fälle ungewöhnlicher und die Romane auch auf dieser Ebene daher etwas interessanter. Das spiegelt sich auch in der Hauptperson wider, die nach den Eskapaden und Eskalationen in den vorangegangenen Erzählungen, nun in wesentlich ruhigerem Fahrwasser treibt. Louise Boni scheint zumindest in diesem fünften Roman ihr Leben endlich ein wenig in den Griff zu bekommen. Die Alkoholsucht ist für den Moment überwunden und ihr Gefühlsleben steuert zaghaft auf geregelte Bahnen zu. Bleibt zu hoffen, dass sich damit kein Trend andeutet: geregeltes Leben von Louise Boni gleich konventionelle Fälle. Dann wäre es nämlich Zeit für den Ruhestand und das wäre schade!
Oliver Bottini, Scherz
Deine Meinung zu »Das verborgene Netz«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!