Totengedenken

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2010
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  • Melbourne: Text, 2003, Titel: 'White Dog', Seiten: 337, Originalsprache
  • München: Goldmann, 2010, Seiten: 382, Übersetzt: Sigrun Zühlke, Bemerkung: ein Jack-Irish-Roman
Totengedenken
Totengedenken
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Wolfgang Franßen
72°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2010

An der Perlenschnur

Der Held wird im Verlauf der Geschichte aufs Tiefste erniedrigt werden, sich als Single des Selbstmitleids bezichtigen und durch eine Explosion nicht nur selbst zu Schaden kommen, vielmehr neben körperlichen Wunden auch seelische davon tragen. Peter Temple macht es seinem Helden Jack Irish nie leicht. Nicht nur dass Irish aus der Erfolgsspur geraten ist, nachdem seine Frau erschossen wurde, er rechnet mit sich selbst oft genug schonungslos ab:

 

Während ich so dahinschlurfte, dachte ich über Sex und Reue nach. Ich empfinde beinah immer Reue nach dem ersten Sex, egal mit wem. Irgendwas in meiner Lebensgeschichte löst das Gefühl aus, etwas falsch gemacht zu haben. Selbst enthusiastisches Einverständnis reichte mir nicht aus, um mit Wohlgefallen zurückzublicken.

 

Ein Mann auf der Suche nicht nur nach Gerechtigkeit, nach der Lösung eines Falles, er sucht sich selbst.

Auf den ersten Seiten begleitet er Linda Hillier auf dem Tullamarine-Tollway zum Flughafen. Jene Journalistin, die ihm in Vergessene Schuld zur Seite stand, und die nun eine neue berufliche Herausforderung sucht. Anzüglich versprüht Irish den Esprit eines Hinterwäldlers, der einen Quickie im Flughafengebäude vorschlägt. Wer Jack zuvor nicht kannte, wird ihn als geschwätzigen Loser einstufen.

Ganz im Gegensatz zu dem Vertrauen, das sein Partner Andrew Greer ihm entgegenbringt, wenn er ihn im Auftrag von Cyril Wootton damit beauftragt, entlastendes Material für die unter Mordverdacht geratene Sarah Longmore zu sammeln. Die Künstlerin und Immobilenmaklerin war im Besitz der Mordwaffe. Darüber hinaus existiert eine Zeugin, die sie zu gegebener Zeit in der Nähe des Tatorts gesehen haben will.

An einem altbackenen Plot wird da gestrickt. Leider bietet die Geschichte um Sarah, um den toten Mickey Franklin, einen Bauunternehmer, um eine unter mysteriösen Umständen verschwundene Tochter wenig Spannung. Es geht um Escort-Service und lukrative Geschäfte im Baugewerbe. Manches davon ist einem nicht nur bei Temple schon begegnet. Neben der humorvollen Ausstaffierung mancher Figuren – wie bei Tony Haig und seiner Napoleonverehrung – tauchen allzu plakative Elemente auf: Der Versuch der Bestechung mittels Freiflug im Privatjet nach Korsika, um dort die Macchia und das Meer zu genießen, mag gerade noch in einer Daily Soap eine Verführung darstellen.

Jack Irish fragt sich durch. Und wenn er einmal nicht weiter weiß, hält einfach ein Wagen neben ihm an und schleudert ihm den Namen des mysteriösen Tabledance-Girls Janene Ballich entgegen, die angeblich was mit Mickey Franklin zu tun hatte, der sich bei jungen Frauen gerne wie ein Agent aufführte, wenn er mit seinem Porsche den Highway hinabraste, und doch nichts als ein besserer Zuhälter war.

Totengedenken ist nicht gerade spektakulär. Der Plot bietet dem Leser nicht wie Kalter August und Shooting Star ein markantes Verbrechen, zumindest eine kühle, beklemmende Atmosphäre. In Totengedenken spult Jack Irish ein Programm ab: Er weiß, wo er nachzufragen hat, und hält in bester Chandler-Manier seinen Kopf für Schläge hin, wenn es der Spannungssteigerung dient. Das jedoch bar jeglichen Überraschungseffekts. Wir treffen hier auf einen Fall und Figuren, die ebenso in Texas oder in Middelsbrough auftauchen könnten.

Ab und zu jedoch blitzt Temples Talent auf, die Abhängigkeit von Mensch zu Mensch mit harter Feder zu zeichnen. In Totengedenken ist es Sarah Langmore, die zu Collegezeiten von Gary Webber und seinen Freunden vergewaltigt wurde. Sie besitzt keine Chance. Sie gerät immer wieder aufs Neue in die Fänge von Männern. Und sei es Jack Irish selbst.

Wie jemand sich als Opfer abfindet, davon weiß Peter Temple nicht nur in der Figur Sarahs zu erzählen. Sie nimmt das Leben als gegeben an und unterwirft sich.

Totengedenken

Peter Temple, Goldmann

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