Schreiber und der Wolf

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2004
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  • Dortmund: Grafit, 2004, Seiten: 191, Originalsprache
  • : Grafit, 0
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2007, Seiten: 6, Übersetzt: Birgit Becker
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Andreas Kurth
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2010

Kalter Tod im Kugelhagel

Baron erschießt grauen Räuber

Hannes Schreiber sitzt in einer Redaktionskonferenz des Hamburger "Magazins" und langweilt sich. Er will in den Oderbruch, nach Busow. Denn auf der Suche nach Nahrung ist offenbar ein polnischer Wolf über den gefrorenen Fluß nach Westen gezogen – und erschossen worden. Der Reporter kann seine Vorgesetzten davon überzeugen, dass das eine Geschichte für das "Magazin" ist. Und weil er nicht nur Reporter, sondern auch Jäger ist, nimmt Hannes Schreiber seinen Hund und seine  Waffen mit an die deutsch-polnische Grenze. Wölfe sind in Deutschland geschützte Tiere und der Todesschütze ist ein Adeliger. Baron Lewin von Zitzewitz hat den grauen Räuber gestreckt – aber der war bereits angeschossen.

Schreiber trifft in dem Dorf an der Ostgrenze Deutschlands auf alte Bekannte und merkwürdige Verhältnisse. Der Baron zeigt sich als durchaus umgänglicher Mensch. Es ist zwar gebürtiger Wessi, hat aber Grund und Boden seiner Vorfahren zu fairen Preisen zurück gekauft. Jetzt verdient er sein Geld als Landwirt und ist offenbar gut in die Dorfgemeinschaft integriert.

Ein Mord bei der Gänsejagd

Zitzewitz hat den Wolf nicht leichtsinnig geschossen, sondern ihm wegen der sichtbaren Verwundung den Gnadenschuss gegeben. Bei der Suche nach dem ersten Schützen dringt Schreiber tief in die merkwürdigen Verhältnisse in Busow ein.

Der Baron führt Schreiber in die verschworene Jagdgesellschaft des Grenzdorfes ein. Dazu gehören alt eingesessene Ossis und wenige Zugewanderte. Der Reporter wird zu einer Gänse-Jagd eingeladen. Als "Hahn in Ruh'" geblasen wird, haben viele Gänse ihr Leben gelassen, aber auch ein Jäger. Rechtsanwalt Martmann wurde förmlich das Gesicht weg geschossen. Jetzt steckt der Reporter mitten in einer Mordermittlung – und einer neuen Geschichte. Als er erfährt, dass auf dem Eis der Oder auch schon ein polnischer Schmuggler erschossen wurde, wird Schreiber klar, wie brisant die ganze Geschichte ist.

Authentischer Sarkasmus

Werner Schmitz präsentiert seinen Lesern eine höchst gelungene Mischung aus Kriminalroman, Gesellschaftskritik und -satire. Bissig, mit selbstironischem Unterton, werden die  beruflichen Gepflogenheiten des anspruchsvollen Journalisten geschildert. Mitten in der Gänsejagd nimmt Schreiber am Handy  einen nervigen Anruf seines Chefredakteurs an. Bei anderer Gelegenheit zeigt sich der altgediente Reporter zur kritischen Reflektion über seinen Berufsstand in der Lage. Der Autor ist selbst langjähriger Journalist, und vermag den Sarkasmus gegenüber dem eigenen Beruf höchst authentisch zu vermitteln. Bei seiner Schilderung der Redaktionskonferenz des "Magazins" meint man im Redaktionsbüro des Stern zu sitzen – amüsant und lehrreich. Mit dem jagenden Reporter ist Schmitz eine überaus glaubwürdige Figur gelungen.

Schillernde Figuren

Aber auch die Jäger an sich und die Busower Waidgesellen im Besonderen bekommen ihr Fett ab. Bierseelige Kumpanei und gemeinsames Misstrauen gegen Außenstehende sind an der Tagesordnung. Da werden Traditionen gepflegt, und wer nicht dazu passt, ist schneller draußen als er glaubt. Und überhaupt Busow. Die Einheimischen sind ein ganz eigener Schlag, und die zugewanderten Wessis haben es nicht leicht. Dann gibt es die schillernden Figuren – den selbstironischen Baron, und die Bürgermeisterin, eine alte Bekannte aus Schreibers Berliner Zeit. Werner Schmitz bereitet das alles wirklich amüsant und unterhaltsam auf, baut aber zugleich einen enormen Spannungsbogen auf. Es wird dem Leser nie langweilig, weil es immer neue Nebenschauplätze gibt, und erst spät die gesamte Dimension des Verbrechens und die Motivation des mehrfachen Mörders deutlich wird.

Dicht und kompakt erzählter Roman

Die Verhältnisse an der deutsch-polnischen Grenze, der Mutterwitz einiger Einheimischer, die handelnden Personen, die Rolle der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz – der Autor packt viele Aspekte in wenige Seiten. Ein sehr dicht und kompakt erzählter Roman, der beileibe nicht nur von Spannung und Action lebt. Schmitz verzichtet auf überflüssige Landschaftsmalerei und schindet keine Seiten – denn das hat er absolut nicht nötig. Eine derart kurzweilige "Schreibe" wünscht   man sich häufiger in deutschen Kriminalromanen.

Schreiber und der Wolf

Werner Schmitz, Grafit

Schreiber und der Wolf

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