Strand der Ertrunkenen
- Unionsverlag
- Erschienen: Januar 2010
- 3
- Madrid: Siruela, 2009, Titel: 'La playa de los ahogados ', Seiten: 445, Originalsprache
- Zürich: Unionsverlag, 2010, Titel: 'Strand der Ertrunkenen', Seiten: 477, Übersetzt: Carsten Regling
Leo Caldas kommt in Fahrt
"Biederste Konfektion" hatte der Rezensent Domingo Villars Erstling Wasserblaue Augen nach der Lektüre ernüchtert bescheinigt und das Folgewerk daher nicht gerade mit rasender Ungeduld erwartet. Gelesen hat er es dennoch und kann nach 475 Seiten feststellen: Der Autor hat sich erheblich gesteigert.
Villars Serienheld heißt Leo Caldas und ist Inspektor bei der Polizei in der galicischen Hauptstadt Vigo. Ein ungnädiges Schicksal hat ihn zudem zum "Radiopolizisten" befördert. Einmal die Woche beantwortet er die Fragen der Zuhörer und genießt daher eine Popularität, die ihm eigentlich lästig ist.
Galicien liegt, wie man weiß, in Spanien, aber es ist eben nicht das Spanien des zweiwöchigen Sommerurlaubs. Das Wetter eher unberechenbar, eine raue Meerlandschaft, die Menschen ein wenig eigen, was auch Caldas Assistent, der zugezogene Estévez, allenthalben lautstark beklagt. Eher wortkarg sind die Galicier, fressen alles in sich hinein – und dann läuft das Fass manchmal unvermittelt über und die Katastrophe ist da.
Um eine solche Katastrophe scheint es sich zu handeln, als die Leiche eines Fischers aus dem Meer geborgen wird. Nicht der erste Fall von Suizid, bei dem sich jemand selbst die Hände fesselt und ins Wasser springt. Rasch erkennt Caldas jedoch, dass diese Theorie falsch sein muss und der Tod des Fischers nichts anderes als ein Mord.
Was nun beginnt, kennen routinierte Leser aus einer Vielzahl von Polizeiromanen. Es wird ermittelt, manch falsche Fährte begangen, überraschende Nebenwege tun sich auf und führen endlich auf Umwegen zum Ziel, der sogenannten "Wahrheit". Rasch findet Caldos heraus, dass der tote Fischer vor Jahren mit der übrigen Crew eines Kutters Schiffbruch erlitt, bei dem der Kapitän ertrank. Ein mysteriöser Fall, zumal sich die Besatzung seitdem aus dem Wege geht, als lastete ein furchtbares Geheimnis auf ihnen. Und ist der tote Kapitän wirklich tot? Einige wollen ihn gesehen haben.... und warum hat jemand "Mörder" auf das Boot des später Ertrunkenen geschrieben?
Manchmal ist es klug, einen Roman langsam zu erzählen. So auch im Fall von Strand der Ertrunkenenen, das den Erstling bereits vom Umfang her um mehr als das Doppelte übertrifft. Villar hat genügend Raum den Alltag der Fischer zu beschreiben und die Personen zu skizzieren. Er tut dies unaufdringlich, niemals geschwätzig, mit einer genau dosierten Prise Humor und selbst das obligatorische Privatleben des Helden wird eher am Rande ausgebreitet, ohne dabei an Eindringlichkeit zu verlieren.
Villar hat also mit Strand der Ertrunkenenen ein weiteres solides Stück Spannungsliteratur in die große Bibliothek der Polizeiromane gestellt. Sein Leo Caldas beginnt sich mit all seinen Stärken und Schwächen zu entwickeln, die Komposition des Ganzen wirkt stimmig, auch die obligatorischen Schwenks sind sinnvoll und nicht nur oberflächlicher Spannung wegen inszeniert. So kann es weitergehen.
Domingo Villar, Unionsverlag
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