Ausgezählt

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2002
  • 3
  • Dortmund: Grafit, 2002, Seiten: 407, Originalsprache
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Lars Schafft
76°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Einer der besten Krimis des Jahres

Bei einer Routinekontrolle wird Hauptkommissar Bruno Wegmanns Partner Thomas "Ebi" Eberhard erschossen, Wegmann selbst erwischt es am Bein. Zunächst sieht alles nach einem tragischen Zwischenfall aus, da sich der Amokläufer mutmaßlich später selbst hingerichtet hat. Doch Zweifel kommen auf: Woher stammt die fünfstellige Summe, die sein Partner in bar bei sich führte? Illegales Glückspiel? Drogen?

Wegmann kommt jedoch praktisch nicht zum Ermitteln, wird von Kollegen geschasst und gemobbt, Vorwürfe nagen an dem tadellosen Ruf des Amateurboxers. Er ermittelt auf eigene Faust und stößt direkt auf auf sein persönliches Hiroshima. Er erwischt seine Frau Karen in flagranti, ausgerechnet mit seinem Jugendkumpel Manfred Klee, mit dem er vor Jahren in Kambodscha eine wertvolle Götterstatue für Klees Vater, einen Antiquitätenhändler, stahl.

Familie wird brutal massakriert

Mit Karen ist es aus, der Fall beginnt erst. Bei einem Einbruch stößt Wegmann ausgerechnet auf die Figur, die er mit Klee nach Deutschland gebracht wurde. Kurz darauf wird Klees Familie brutal massakriert aufgefunden.

Mittendrin und zwischen den Fronten: Bruno Wegmann, der zugunsten der Hinterbliebenen von Thomas Eberhard auch noch einem Boxkampf gegen einen Polizei-Kollegen zugestimmt hat. Doch wer ist in diesem Wirrwarr Freund, wer Feind, wer Partner, wer Mörder? Und vor allem: Gibt es eine Verbindung zwischen den Fällen?

Der doppelte Höhepunkt

Geschickt steuert Autor Host Eckert in "Ausgezählt" mit dem Boxkampf und der Auflösung dieses vertrackten Falles auf einen doppelten Höhepunkt zu - beide hinterlassen beim Leser allerdings den bitteren Beigeschmack einer korrupten, intriganten und machtgeilen Gesellschaft.

Mit "Ausgezählt" ist Horst Eckert ein hoch komplexer, atmosphärisch äußerst dichter, sehr gut recherchierter und glaubhafter Krimi gelungen. Der Fall von internationalem Drogenhandel, korrupten Politikern und ermordeten Antiquitätenhändlern passt hervorragend in Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf mit seiner mondänen Prachtmeile "Kö" und dem Sitz der Landesregierung. Auch der Ausflug in die Boxszene ist unterhaltsam umgesetzt, der Kampf zwischen Wegmann und seinem Kontrahenten ein Exempel Horst Eckerts Erzählkunst.

Faszinierend ist jedoch besonders das Netz aus Schikanen, persönlichen Animositäten, Freunden und Sünden aus der Jugend und Intrigen, das Eckert zu einem spannend wie komplizierten Gebilde spinnt.

Sprachliche Unaufmerksamkeiten stören den sehr guten Gesamteindruck

Lediglich kleine Macken wie das ständige Wiederholen der Bezeichnung "Tünnes" (rheinisch für Blödmann, Trottel), die gewöhnungsbedürftige "deutliche" Sprache seiner Figuren ("Ich habe sie totgefickt", "Mösenpanoramen") und die unbeantwortete Frage nach der Motivation von seiner Frau Karen für den Seitensprung- und Wechsel trüben den ansonsten sehr guten Gesamteindruck.

Auch die Figur des Bruno Wegmann ist sicherlich Geschmacksache. Wegmann wirkt auf der einen Seite zwar als Einzelgänger und Querdenker mit Ecken und Kanten, auf der anderen Seite lässt er sich zum Komplizen einer brutalen Abrechnung machen und fühlt sich jedem - ob Kriminalrat oder alter zwielichtiger Kollege - zu Dank verpflichtet, der ihm in der schwierigen Zeit die Hand zur Hilfe reicht. Wegmann reflektiert zuwenig über das was er tut. Und dass er sich direkt nach der Trennung von Karen von einem ins nächste Liebesabenteuer stürzt, bleibt für mich aufgrund Eckerts Schilderung von Wegmanns tiefer Liebe zu seiner Frau nicht nachvollziehbar.

Trotzdem: "Ausgezählt" ist Pflichtlektüre für Fans Krimis härterer Gangart und Eckerts Name darf in einem Atemzug mit Größen wie Michael Connelly oder James Ellroy genannt werden. "Ausgezählt" gehört zum besten, was in diesem Jahr an Krimis veröffentlicht wurde!

Ausgezählt

Horst Eckert, Grafit

Ausgezählt

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