Blutige Asche
- Heyne
- Erschienen: Januar 2010
- 2
- Amsterdam: Anthos, 2008, Titel: 'Daglicht', Seiten: 308, Originalsprache
- München: Heyne, 2010, Seiten: 383, Übersetzt: Christiane Burkhardt
Ein spannender Pageturner, Krimi des Jahres unserer niederländischen Nachbarn
Amsterdam: Als ihre Mutter für ein paar Tage in Urlaub fährt, kümmert sich die Anwältin Iris Kastelein um deren Wohnung. Dort findet sie in dem großen Aquarium einen toten Fisch vor und fordert einen Experten um Hilfe, damit nicht auch die anderen kostbaren Fische in Gefahr geraten. Dieser bittet Iris, schon mal das Logbuch des Aquariums bereitzulegen, aus dem sich alle wichtigen Informationen entnehmen lassen. Überrascht stellt Iris dabei fest, dass das Aquarium offensichtlich einem "R. Boelens" gehörte. Boelens ist der Mädchenname ihrer Mutter, doch einen Bekannten, dessen Vorname mit "R" anfängt, kennt sie nicht. Ihre Mutter verweigert jegliche Auskunft und so macht sich Iris mit einer befreundeten Journalistin auf die Suche. Schockiert stellt sie fest, dass sie einen Halbbruder hat, den ihr ihre Mutter zeitlebens verschwiegen hat. Doch es kommt noch schlimmer, denn ihr Halbbruder Ray sitzt in einer psychiatrischen Anstalt in Sicherungsverwahrung, nachdem er zuvor acht Jahre im Gefängnis saß.
Ray soll damals seine Nachbarin Rosita und deren kleine Tochter Anna mit zahlreichen Messerstichen ermordet haben. Die Spuren am Tatort sind eindeutig, andere Verdächtige nicht vorhanden und durch seine damaligen Aussagen machte es Ray den Ermittlern einfach. Doch als Iris Ray besucht, beteuert dieser seine Unschuld. Aber wie soll Iris nach so vielen Jahren noch neue Aspekte in dem Fall entdecken? Für ihre Mutter ist das Thema absolut tabu, lediglich in Rositas familiärem Umfeld finden sich weitere Verdächtige. Da wäre zunächst Annas Vater, der mit einer anderen Frau und deren gemeinsamen Kindern zusammenlebte, aber Rosita immer wieder heimlich besuchte. Drohte Rosita eines Tages damit, seiner Frau ihr Geheimnis zu erzählen? Doch für die Tatzeit gibt es ein sicheres Alibi. Bliebe noch Rositas Stiefvater, der jetzt als einziger verbleibender Familienangehöriger an ihrer Stelle von einem verstorbenen Verwandten in England zwei Millionen Pfund erbt. Sicher ein Motiv, aber zwischen Mord und Erbschaft liegen über acht Jahre…
Iris lebt als Teilzeitanwältin und allein erziehende Mutter mit ihrem Sohn Aron zusammen. Dieser ist sehr verhaltensauffällig und macht ihr das Leben oftmals schwer. Als Iris von ihrem unbekannten Halbbruder erfährt ist die Neugierde verständlicherweise groß und so beginnt sie die damaligen Ereignisse neu aufzurollen. Blutige Asche wurde in Holland als bester Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet, was womöglich an dem interessanten Erzählstil liegen könnte. Gleich zwei Ich-Erzähler (Iris und Ray) treten auf und bieten eine keineswegs alltägliche Geschichte.
Auf der einen Seite erzählt uns Iris von ihrem Berufs- und Privatleben, dass durch die neue Erkenntnis, einen Halbbruder zu haben, natürlich in zusätzliche Turbulenzen gerät. Durch Befragen von Rositas Nachbarn, deren Stiefvater und Annas Vater wird sichtbar, dass es durchaus Personen gab, die zumindest ein Motiv für Rositas Ermordung gehabt haben könnten. Der möglicherweise drohende Verrat einer heimlichen Liebe, ein in Zukunft bevorstehendes Erbe, warum nicht? Doch auch Iris Mutter verhält sich verdächtig, da sie Rays Existenz über all die Jahre gegenüber Iris und ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann (Iris Vater) verschwieg.
Auf der anderen Seite erzählt uns Ray seinen Tagesablauf und seine Beziehung zu Rosita. Er, der immer schon etwas eigenwillig und geistig zurückgeblieben war, wurde schon als Kind von seinen angeblichen Freunden gehänselt. So sollte er bei einer Wette den Nachbarshund mit einem Stein treffen. Dummerweise starb der Hund auf diese Weise, woraufhin ihn seine Mutter in ein Heim für schwer erziehbare Kinder steckte. Später fand Ray jedoch seine wahre Berufung und wurde zu einem angesehenen Bäcker. Allerdings gab es in Rays Leben auch nichts anderes als seinen Bäckerberuf und seine geliebten Fische. Bis dann eines Tages Rosita mit ihrer Tochter Anna seine Nachbarn wurden. Ray, der eigentlich mit Gefühlen nicht umzugehen weis, glaubt, die große Liebe gefunden zu haben und genau das, wird ihm zum Verhängnis. So soll er nach Ansicht der Polizei Rosita ermordet haben, da diese seine Liebe nicht erwidert habe.
Die Idee mit gleich zwei Ich-Erzählern ist originell, sprachlich allerdings mitunter auf überschaubarem Niveau. Anfangs ist nervig oft von dem "Erzeuger" die Rede, später ebenso oft von "Iris Kastelein, die behauptete, meine Schwester zu sein". Gleichwohl liest sich Blutige Asche in einem durch, da man wissen will, was damals tatsächlich passiert ist. So rasen die beiden Erzählstränge unaufhaltsam aufeinander zu und warten mit einem überraschenden (?) Ende auf. Geschickt versteht es Marion Pauw bis zum Finale mehrere Lösungswege (Verdächtige) aufzuzeigen und so wird womöglich der ein oder andere Leser in die Irre geführt werden. Kurzweilige Unterhaltung bietet der Roman auf alle Fälle, so dass gerne zugegriffen werden kann. Der "beste Krimi des Jahres" scheint allerdings etwas hoch gegriffen.
Marion Pauw, Heyne
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