Tag der Abrechnung
- Scherz
- Erschienen: Januar 2010
- 1
- Frankfurt am Main: Scherz, 2010, Seiten: 477, Übersetzt: Rainer Schmidt
- Frankfurt am Main: Fischer, 2011, Seiten: 480
Alles schon mal besser dagewesen
Security-Officer Felipe Tavares arbeitet für die Vereinten Nationen in New York und sichert den Haupteingang in der 1st Avenue. Als eine Warnung des Geheimdienstes des New Yorker Police Departments eingeht, dass ein Mann in Schwarz sich auf das Gelände der UN zubewegt und möglicherweise ein Bombenattentat verüben könnte, wird er nervös als genau diese Verdachtsperson auf ihn zukommt und als dieser seinen Mantel öffnet, um den Sprengstoffgürtel zu zünden, schießt Felipe ihn nieder.
Aber Felipe hat sich getäuscht. Der Passant war nur ein harmloser, unbewaffneter alter Mann. Keinesfalls will die UN aus dem versehentlichen Tod Gerald Mertons ein großes Drama machen und so wird der Anwalt Tom Byrne, der früher für die Vereinten Nationen gearbeitet hat, damit betraut, die Hinterbliebenen in Großbritannien aufzusuchen und mit Schweigegeld ruhig zu stellen.
Mertons einzige Tochter Rebecca arbeitet als Ärztin in Clerkenwell, London. Als Tom bei ihr auftaucht, lernt er eine bildhübsche Frau kennen, die ihn sofort fasziniert und keineswegs mit Blutgeld zu bestechen ist, sondern die Hintergründe wissen will, denn Merton war Jude, wurde als Gershon Matzkin in Litauen geboren und hat sämtliche Gräuel der Judenverfolgung mit Mühe überlebt.
Byrne findet ein altes Tagebuch des Toten und befasst sich intensiv mit dessen Vorleben. Aber auch die Ermittler über dem Teich bleiben nicht untätig und finden heraus, das Merton sich bei einem russischen Waffenhändler mit Schusswaffen eingedeckt hat, die bevorzugt von Attentätern verwendet werden. Als bei Frau Doktor Merton eingebrochen wird, beginnt für Tom und Rebecca die lebensgefährliche Schnitzeljagd nach der Wahrheit, die verschiedene Gruppierungen verhindern wollen.
Wie immer in seinen Büchern hat Sam Bourne auch für The Final Reckoning ordentlich Recherche betrieben und die Seiten mit Erlebnissen von Überlebenden des Holocaust gespickt. In der Übersetzung von Rainer Schmidt ist im Scherz Verlag der fast 500 Seiten starke Thriller Tag der Abrechnung entstanden.
Die Frage, ob hier historische Geschehnisse aufgearbeitet werden oder die schlimmen Zeiten des vorigen Jahrhunderts nur als Aufhänger für einen Thriller verwendet wurden, muss jeder Leser für sich entscheiden. Im Gegensatz zur verworrenen Handlung beeindrucken die Schilderungen vom Überlebenskampf der jüdischen Bevölkerung durch ihre Dichte und Authentizität, was man vom sonstigen schriftstellerischen Niveau auf Grund des flachen Spannungsaufbaus kaum behaupten kann.
Sam Bourne, alias Jonathan Freedland, schafft es über die gesamte Länge nicht, die handelnden Personen halbwegs sympathisch wirken zu lassen. Tom Byrne, ein Rechtsanwalt, der seinen Posten bei der UN aufgegeben hat, um größere Brötchen mit der Klientel aus Wirtschaft und Mafia zu backen, kommt gegen den spröden Charme der Ärztin deutlich zu kurz. Aber auch Rebecca Merton spielt immer wieder falsch und das erotische Leuchtfeuer zwischen Ärztin und Anwalt kommt nur halbherzig ins Flackern.
Übrig bleibt ein weiteres Stück Vergangenheitsbewältigung aus anglophiler Sicht, das andere Autoren schon deutlich besser in Buchform verewigt haben, wenn man etwa an die Gabriel Allon-Reihe von Daniel Silva denkt. Mit dem Tag der Abrechnung kann Sam Bourne keinesfalls die hohe Wertung für seinen Erstling Die Gerechten erreichen, eher landet er im mittelmäßigen Bereich, wobei der Werbeaufkleber "Besser als Dan Brown. – Brigitte" mit Sicherheit nicht als Qualitätsstandard gelten darf. Aber wer Dan Brown mag, kann mit Sicherheit auch an Sam Bournes neuem Buch Gefallen finden.
Sam Bourne, Scherz
Deine Meinung zu »Tag der Abrechnung«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!