Im Zeichen der Assassinen
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2010
- 3
- Paris: Fleuve noir, 2008, Titel: 'La croix des assassins', Seiten: 541, Originalsprache
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010, Seiten: 508, Übersetzt: Anja Malich
Spannendes Thema, ungeschickte Umsetzung
Wenn ein Journalist (Eric Giacometti) und ein Freimaurer (Jacques Ravenne, mit bürgerlichem Namen Jacques Ravaud) gemeinsam zum vierten Mal ihren Commissaire Antoine Marcas ermitteln lassen, dann kann es natürlich nur um ein Problem mit Freimaurern gehen, das sich diesmal Im Zeichen der Assassinen (La Croix des Assassins) nennt.
In wechselweiser Erzählung wird zum Einen die Geschichte der Tempelritter und ihrer Vertreibung aus dem Norden Israels zu Ende des 13. Jahrhunderts geschildert, zum Andern wird der Pariser Kommissar Marcas mit den Ermittlungen gegen eine geheimnisvolle Loge betraut, die sich Kadosh Kaos nennt.
Die flüchtenden Templer sind seinerzeit dem Geheimnis der Assassinen auf die Spur gekommen. Die Mitglieder dieser militanten ismailitischen Sekte wurden durch den Einsatz von Drogen und einer (fiktiven) Operation am Gehirn zu Meuchelmördern und Selbstmordattentätern gedrillt. Dieser Eingriff ins Gehirn, der den Menschen schmerzfrei und emotionslos werden lässt, ist die Grundlage der Kadosh Kaos, die ihren Mitgliedern den Weg in die höchsten Regionen von Politik und Wirtschaft bringt, während diese nicht nur sprichwörtlich über Leichen gehen.
Marcas schleust sich in diese Loge ein, wird initiiert und der Operation unterzogen. Ein Austritt aus der Loge scheint nicht mehr möglich zu sein, denn darauf steht der Tod …
126 Kapitel auf knapp 500 Seiten zeugen davon, dass das Autorenteam seinem Leser offenbar nicht zutraut, einer Handlung über einen längeren Zeitraum zu folgen. Die wechselweisen Sprünge zwischen Mittelalter und Gegenwart zerstückeln den Roman in eine Sammlung von Spickzetteln, die absolut kein Lesevergnügen bereiten. Die schreiberische Unsitte zwei Handlungsstränge, die durchaus auch als selbständige, flüssige Erzählung gut gewesen wären, permanent zu verweben und mit gedanklichen "Werbeeinblendungen" zu versehen, schadet vor allem der ersten Hälfte des Romans. Das dazu auch noch aus unterschiedlichen Sichtweisen der Hauptdarsteller berichtet wird, hemmt den Spannungsaufbau noch zusätzlich.
Dabei haben Giacometti und Ravenne eine wirklich spannende Geschichte zu erzählen, die auch mit historischen Details und Erläuterungen glänzt, ohne schulmeisterlich zu wirken. Der zusätzliche Anhang mit Erklärungen ist ein weiterer Bonuspunkt für die Leser, die sich mit dem Background intensiver beschäftigen möchten. Aber vorerst kämpft der Leser an einer Front mit dem Tempelritter Roger Flor vor Akkon, dem einzigen Hafen an der Levanteküste, der ganzjährig befahrbar war und in dem die Flotte der Templer zur Evakuierung lag, denn die Truppen des Mamluken-Sultans al-Malik al-Asraf Chalil waren kurz vor der Einnahme der Stadt. Roger Flor, mit richtigem Namen Rutger von Blum flüchtet nach Katalonien und irgendwie gelangt das Geheimnis der Assassinen mit ihm in die Hände der Logenführer Kadosh Kaos.
Das Autorenteam wechselt den Tatort der Gegenwart zwischen Paris und Brasilien, denn in den lateinamerikanischen Ländern konnten sich die Freimaurer hemmungslos austoben und pervertieren. Auch wenn das Zeichen der Assassinen nur eine erfundene Operation ist, so belegen Dokumente mit welchen Mitteln Forschung, Wirtschaft und Politik sich an den Menschen der Unterschicht hemmungslos bedient haben und ihre Manipulationen bei Organentnahmen und Versuchen am lebenden und toten Objekt vorangetrieben wurden.
Aus dieser Sicht ist der im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienene und von Anja Malich übersetzte Thriller nicht nur eine historisch, sondern auch zeitgeschichtlich sehr interessant gewählte Thematik, bei der das offene Ende nach 492 Seiten zwar enttäuscht, aber im Endeffekt doch stimmig. Eine wirklich gute Wertung verhindert bei diesem Roman nur die schriftstellerische Aufbereitung.
Eric & Ravenne Giacometti, Rowohlt
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