Der 6. Fehler
- Buchstabler
- Erschienen: Januar 2009
- 1
- Suhl: Buchstabler, 2009, Seiten: 285, Originalsprache
Biathlon ist spannender
Außen hui ...
Der Buchstabler-Verlag hat sich mächtig ins Zeug gelegt bei seinem ersten Buch – zumindest so weit es die äußeren Werte und die zugkräftigen Namen für die Vermarktung betrifft. Kein geringerer als Biathlon-Star und Olympia-Ersatzmann Alexander Wolf stand der jungen Autorin mit seinem Insiderwissen zur Seite und hat kräftig die Werbetrommel für das Werk gerührt. Dem fertigen Buch hat der Verlag dann keinen schnöden Taschenbuchdeckel verpasst, sondern ein stimmiges Designkonzept. Der Einband lässt das Buch wie einen Kühlschrank aussehen, klappt der Leser den Umschlag auf, öffnet er damit gleichsam die Kühlschranktür und schaut auf dessen Inhalt: einen großen schwarzen Müllsack. Es versteht sich fast von selbst, dass sowohl Kühlschrank als auch der darin befindliche Sack eine tragende Rolle in Der 6. Fehler spielen.
Als sei das der netten Designideen noch nicht genug, spendiert der in Marketing-Konzepten findige Verlag dem Leser auch noch ein Lesezeichen. Aber nicht irgendein Lesezeichen, sondern eines mit zunächst geheimnisvoll angeordneten Buchstaben und Ziffern – unverkennbar ein Schlüssel zum Decodieren geheimer Botschaften. Den darf man im Verlaufe der Geschichte natürlich auch einsetzen, um selbst mitzurätseln. Da das Lesezeichen zum Verständnis der Handlung nicht gebraucht wird, ist es nicht viel mehr als eine Spielerei, die das Interesse am Inhalt wecken soll, und auf den kommt es – allen Marketing-Ideen zum Trotz – letztlich an.
… innen ...
Leider hat der Verlag offenbar seine gesamte Energie in die hübsche Gestaltung des gedruckten Werkes investiert und diese beim sorgfältigen Lektorat wieder eingespart. So hat es neben den schönen Bilder und der netten Lesezeichen-Idee leider häufig auch der Fehlerteufel in Ina Mays Werk geschafft.
Eine "das/dass"-Schwäche offenbart sich schon auf der ersten Seite, findet Gesellschaft in Form einiger kleiner Grammatikfehler, um auf Seite 76 in einem unfreiwillig komischen Höhepunkt zu gipfeln:
Aber da war der Körper noch einigermaßen heil – nicht gesprengt von den Gesäßen zweier Männermuskeln.
Es wird wohl Frau Mays Geheimnis bleiben, was genau "Männermuskeln" sind und wo sich deren "Gesäße" befinden, unbestreitbar ist jedoch auch, dass die kleinen Missgriffe der Erzählung keinen wirklichen Abbruch tun, obwohl sie den Gesamteindruck trüben, erst recht bei derart sorgfältig gestaltetem Äußeren des Buches.
Die Idee, die Spannung des Biathlonsports mit einer entsprechenden Krimihandlung zu kombinieren ist vielversprechend, von Ina May jedoch nicht in letzter Konsequenz umgesetzt. Sie hat zwar offensichtlich gut recherchiert, selbst dem versierten Biathlon-Fan und Wolfsschlucht-Kenner dürften keine offensichtlichen Fehler ins Auge springen, wenn May von den sportlichen Wettkämpfen in Oberhof erzählt, doch das Ganze wirkt ein wenig, als ob eine Kulisse in die bereits bestehende Handlung geschoben wurde. Das liegt in der Hauptsache daran, dass der Plot auch – und möglicherweise besser – vor einem anderen Hintergrund funktioniert hätte, da der Kriminalfall letztlich nur recht wenig mit dem Biathlon selbst zu tun hat.
Unterhaltsam bleibt die Geschichte – trotz aller Schwächen – vor allem wegen Ina Mays leichtem, häufig selbstironischem Stil und ihrer Fähigkeit verschrobene Figuren zu schaffen. Schon alleine die Episoden um den notorisch zahlungsunfähigen Detektiv Kaspar Brandt und seiner Vermieterin machen das Buch über Strecken lesenswert.
Das Kalkül des Buchstabler-Verlags dürfte daher aufgehen: zugkräftige Namen in der Werbetrommel und der Winter-Fernsehsport schlechthin, sollten für ausreichend hohe Verkaufszahlen sorgen. Für nachhaltiges Lesevergnügen hätte etwas mehr Qualität und Sorgfalt beim Inhalt gut getan. So bleibt leider ein nur durchschnittlicher Krimi im hübschen Gewand übrig.
Ina May, Buchstabler
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