Tote Stille
- Weltbild
- Erschienen: Januar 2009
- 1
- Detroit: Thorn, 2007, Titel: 'Last Known Victim', Seiten: 547, Originalsprache
- Augsburg: Weltbild, 2009, Seiten: 462, Übersetzt: Rainer Nolden
- Hamburg: Cora, 2010, Seiten: 464, Übersetzt: Rainer Nolden
Was nicht passt, wird passend gemacht
Der verheerende Wirbelsturm Katrina hat in New Orleans ein Bild der Verwüstung und Zerstörung hinterlassen. Auf einem Grundstück am Audubon Place wird der vermisste NOPD-Captain Sammy OShay entdeckt, getroffen von zwei tödlichen Kugeln. Ein Kühlschrank-Friedhof offenbart den Beamten einen weiteren grausigen Fund. In einem der ausrangierten Geräte lagern ein halbes Dutzend rechter Hände. In beiden Fällen scheinen sämtliche Spuren mit Katrina hinweg gefegt worden zu sein. Doch zwei Jahre später taucht in einem Park ein Opfer des von den Medien "Handyman" getauften Serienmörders auf. Im Grab der jungen Frau liegt auch die Dienstmarke des ermordeten Captains, was darauf schließen lässt, dass Sammy OShay dem "Handyman" begegnete. Sammys Witwe Patti OShay, ebenfalls Captain beim New Orleans Police Department, wittert die Chance, den Mord an ihrem Ehemann aufzuklären und endlich den Täter zu fassen. Unterstützung bekommt Patti von ihrem Neffen Spencer und dessen Freundin Stacy, die beide auch im Polizeidienst der Stadt stehen. Stacy ermittelt undercover in einem Striplokal und stößt auf eine gefährliche Spur.
Frei nach dem Motto "Reim dich oder ich fress dich" hat Erica Spindler einen Roman nach dem Baukastenprinzip zusammen gebastelt. Was nicht passt, wird passend gemacht. Zwar lässt sich das Buch dank zahlreicher Perspektivwechsel recht flüssig lesen, aber wieder einmal nerven die haarsträubenden Zufälle. An Personal mangelt es in Tote Stille nicht und überdies sind die meisten Protagonisten miteinander verwandt, verschwägert oder sich anderweitig freundschaftlich zugetan. Ich war bereits versucht mir ein Personenregister anzulegen. Bei einem Umfang von 464 Seiten liest man den Roman nicht unbedingt am Stück und nach längerer Lesepause verliert sich der Überblick über die Familienbande.
Es gelingt Erica Spindler nicht, ihre Leser an die Geschichte zu fesseln. Seitenfüller wie die Beschreibungen von New Orleans nach Katrina oder dem Beziehungsstress zwischen Spencer und Stacy sowie überflüssige Dialoge ersticken die Spannung im Keim. Man sehnt die (Er-)Lösung des Falles herbei und wird wenigstens mit der Figur des Täters einigermaßen überrascht. Zur Motivation des Killers möchte ich schweigen, sie hat sich mir leider nicht erschlossen.
An der Übersetzung von Rainer Nolden stört, dass die Künstlernamen der Täter keine deutsche Entsprechung erhalten. Assoziiert man hierzulande "Handyman" mit Mobilfunk, klingen Sätze wie "Sie hat ihnen von The Artist erzählt." oder "Liebte sie The Artist wirklich?" einfach nicht gut.
Ein Kleinod der Verskunst aus dem Buch möchte ich potentiellen Lesern nicht vorenthalten. Der Ermittlerin wird ein Ständchen gebracht:
Patti OShay, der Schrecken aller Bösewichte,
Sie macht euch immer den schönsten Plan zunichte.
Und sie nimmt euch hopp Im Schweinsgalopp.
Viel Vergnügen!
Erica Spindler, Weltbild
Deine Meinung zu »Tote Stille«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!