Leblos

Langweilige Plots kann man der Autorin wahrlich nicht vorwerfen. Im Gegenteil, was die Ausgangssituationen ihrer Geschichten betrifft, so liefert Katherine John immer wieder zuverlässige Ausnahmewerke ab. Bislang fehlte es allerdings an einer soliden Umsetzung, was sich im vorliegenden Fall deutlich gebessert hat. Erneut wird jedoch Sergeant Trevor Joseph auf dem Buchrücken zum Inspector befördert, worüber man sich nur wundern kann. So schwer kann ein Lektorat bzw. eine Übersetzung doch nicht sein. Außerdem erfährt der Leser wieder nicht, in welcher (namenlosen) Stadt die Geschichte spielt. Ist vielleicht auch nicht so wichtig, aber trotzdem ärgerlich. Doch jetzt zum recht originellen Inhalt.

 In der Nähe eines Obdachlosenwohnheimes wird ein Mann brutal ermordet. Zunächst wird ihm das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerschnitten, danach wird er mit Benzin übergossen und stirbt sodann einen qualvollen Tod durch Verbrennung. Den ermittelnden Beamten wird wenig später Videomaterial eines Kameramannes zur Verfügung gestellt, der kurz zuvor eine Dokumentation über das Leben der Obdachlosen gefertigt hat. Dabei rückt der Obdachlose Tony in das Interesse der Ermittler, verschwand dieser doch unmittelbar nach den Aufnahmen spurlos. Zudem wurde einer seiner auffälligen Schuhe bei der Leiche gefunden.

 Die Polizei veröffentlicht kurzerhand das Filmmaterial im Fernsehen, um das vermeintliche Opfer identifizieren zu können. Diese Aktion ist erfolgreich, jedoch anders als gewünscht, denn gleich mehrere zuverlässige Zeugen identifizieren Tony als Anthony George, einen Rechtsanwalt, der bereits vor zwei Jahren starb. Die Ermittlungen kommen nicht voran, da trifft Sergeant Trevor Joseph auf eine Gruppe Jugendlicher die ihm mitteilen, den gesuchten Tony erst kürzlich lebend gesehen zu haben. Trevors Kollegen Peter und Anna quartieren sich in einer leer stehenden Fabrikhalle ein, wo der gesuchte Tony sein Quartier aufgeschlagen haben soll. Bereits in der ersten Nacht scheint die Operation Erfolg zu haben, denn der gesuchte Tony erscheint tatsächlich. Doch noch bevor die Polizisten irgendetwas unternehmen können fällt ein Schuss, Peter wird verlässt und die Fabrikhalle geht in Flammen auf…

  Wie sich die Geschichte anschließend weiter entwickelt soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur so viel: Es erwartet Sie eine recht turbulente Achterbahnfahrt mit einem ebenso furiosen Finale. Sehr detailliert beschreibt Katherine John die zermürbende Arbeit der Polizei, die gerade in der Anfangsphase eines Falles keine Rücksicht auf das Privatleben der Ermittler nimmt. Dies muss der Protagonist der Story, Trevor Joseph, leidvoll erfahren, dessen Beziehung zu der deutlichen jüngeren Krankenschwester Lyn in eine bedrohliche Schieflage gerät. Diese verschlimmert sich, da Trevor auf eine "alte" Bekannte trifft, in die er sich schon vor längerer Zeit verliebt hat.

 Trevor, der nach Spurlos eigentlich nicht mehr hätte in den Polizeidienst zurückfinden dürfen, so schwer waren seine Verletzungen am Ende des Vorgängerromans, erlebt also ein unerwartetes Comeback und dieses ist durchaus respektabel. Erneut an seiner Seite steht Sergeant Peter Collins, der wegen seines Brachialhumors nicht bei allen beliebt ist. Gemeinsam mit ihren Kollegen schieben die beiden ein unermüdliches Arbeitspensum und kommen doch nicht wirklich voran.

 Katherine John gelingt es, einen interessanten da ungewöhnlichen Plot zu basteln, in dem die Alltagsarbeit der Ermittler, wie auch deren Privatleben ausgiebig dargestellt werden. So gilt es nicht nur den Mörder zu finden, schon bald verändert sich dieser Erzählstrang dramatisch, sondern außerdem zahlreiche Privatprobleme zu lösen. Eine gute Lektüre für die Fahrt zur Arbeit, wenngleich sprachlich auf nach wie vor überschaubarem Niveau.