Schleudergang
- Hoffmann & Campe
- Erschienen: Januar 2009
- 3
- Hamburg: Hoffmann & Campe, 2009, Seiten: 380, Originalsprache
Betrug, Mord und flammende Leidenschaft
Debütromane an sich sind etwas Spannendes. Als Leser lässt man sich auf einen neuen Autor ein, auf die Geschichte, die Figuren, kurzum die Welt eines Schriftstellers, der zum ersten mal eine solche durch seine Feder entstehen lassen hat. Findet man den Zugang zu dieser Welt, können die Charaktere, kann die Handlung begeistern? Mitunter bedarf es einiges an Überwindung für den Leser, einem neuen Autor eine Chance zu geben, denn wer kennt nicht die quälende Frage: Versuch ich es mal mit was neuem oder greife ich doch lieber nach dem x-ten Band einer bekannten Reihe?
Es zeugt von Mut und wohl auch einer Portion Selbstvertrauen, wenn dann eine Autorin ihren Debütroman Schleudergang nennt und auf dem Cover der Griff einer Notbremse abgelichtet ist. Soll das nur eine besonders ansprechende Verpackung oder eine Art letzte Warnung für wankelmütige Käufer sein? Andrea Zabel heißt die Autorin, die so ihren ersten Schritt in die Öffentlichkeit der Krimiwelt wagt, und soviel sei gesagt, ihr Selbstbewusstsein ist nicht unbegründet.
Linda Zanotti ist die Heldin in Schleudergang. Sie ist leitende Angestellte in einem Verlag, und als Führungskraft gehört ein taffer Umgang mit den Kollegen eindeutig zu den Charaktermerkmalen. Als eine Freundin aus der Buchhaltung jedoch bei einem Verkehrsunfall stirbt, geht Linda die harte Schale verloren. Zusammen mit Roland, dem Freund der Verunglückten, fährt sie zum Unfallort, wo die beiden auf die Polizei warten. Roland hat nämlich den Verdacht, dass seine Freundin umgebracht wurde, weil sie über zuviel Insiderwissen verfügte. Und da die Polizei von dem charismatischen Psychologen Alex unterstützt wird, ist auf einmal auch Linda ganz Ohr und weckt die tief in ihr schlummernde Hobbydetektivin, um möglichst viel in Alex Nähe zu sein.
"Fackeln im Sturm" oder doch eher "007"?
Bald darauf stirbt Roland, eine andere Mitarbeiterin verschwindet und Lindas Auto wird in die Luft gesprengt. Ihre Freundin scheint in ein Wespennest gestochen zu haben und ehe sie sich versehen hat ist Linda selbst im Fadenkreuz der Verbrecher. Ach, wenn doch Alex nicht wäre, der frauenverstehende Halbmacho, der sich seinerseits ebenso stark von Linda angezogen fühlt, dass er sie – natürlich ohne irgendwelche Hintergedanken… - prompt in seinem Haus einquartiert.
In den mittleren Passagen des Romans geht es gar in voller Kapitellänge um nichts anderes als Verliebtheit, Lust und Leidenschaft. Warum bloß? Mit ein bisschen weniger Weichspüler hätte Schleudergang sicher auch funktioniert. Abgehakt, nehmen wir es als die persönliche Note der Autorin, die vielleicht der Meinung war, in einen modernen Krimi gehört etwas mehr Romanze. Immerhin nimmt das Tempo der Handlung auf den letzten 100 Seiten so rasant zu, dass für Liebeleien keine Zeit mehr ist.
Was Andrea Zabel ansonsten bietet, ist ein grundsolider Thriller mit einer Heldin wider Willen. Über weite Strecken entwickelt sie die Handlung sehr stringent, bis ein plötzlicher Frontalangriff die Fanfare zum furiosen Finale ertönen lässt. Die Auflösung, nunja, es soll hier nichts verraten werden, aber eigentlich erschienen die Gegner von Linda Zanotti über weite Strecken wie ganz hartgesottene Profis. Eigentlich…
Der Krimi Schleudergang ist unter den deutschen Debüts der letzten Jahre ganz vorn dabei. Das darin enthaltene Liebesromänchen vergessen wir bei dieser Aussage mal lieber ganz schnell. Wenn nicht dieser zartbittere Beigeschmack einer allzu aalglatten und leidenschaftsgepuderten Blitzbeziehung zurückbliebe, hätte Schleudergang sicherlich eine höhere Wertung abräumen können. Spaß am Schreiben hat Andrea Zabel offenbar gefunden, denn sonst würde sie mit dem finalen Satz nicht schon die Fortsetzung ankündigen.
Andrea Zabel, Hoffmann & Campe
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