Schnee an der Riviera
- AtV
- Erschienen: Januar 2009
- 4
- Genua: Fratelli Frilli Editori, 2006, Titel: 'Delitto al Paul Klee', Seiten: 333, Originalsprache
- Berlin: AtV, 2009, Seiten: 341, Übersetzt: Verena von Koskull
Sommerreisekrimi
Venedig, Bologna, Triest, Vigàta. Die Liste italienischer Kommissare ist lang, die mit ihren Fällen jede Menge Lokalkolorit einfangen. Rosa Cerrato entgeht in ihrem ersten auf Deutsch erschienen Kriminalroman um Nelly Rosso allerdings dem Fehler, mit der Nachzeichnung des Dolce Vita, mit vertrauten Bildern unsere Urlaubserinnerungen zu umgarnen. Ihre Kommissarin passt so gar nicht in das gängige Bild der grazilen Italienerin. Rosso ist groß, muskulös, besitzt Sommersprossen und eckt gerne an. Eine alleinerziehende Mutter, die plötzlich erkennen muss, dass ihr Sohn Mau in Schwierigkeiten steckt, auch wenn sich schnell herausstellt, dass er nur ein Mitläufer war.
Maus Klassenkamerad Francesco Bagnasco soll auf dem Dach des musisch orientierten Paul-Klee-Gymnasiums Opfer einer Hinrichtung geworden sein, auf das er aus Furcht vor der Drogenfahndung entkommen ist. Auf der Flucht hat er seine Lehrerin beiseite gestoßen, die so unglücklich mit dem Kopf aufgeschlagen ist, dass sie seitdem im Koma liegt. Ausgerechnet durch den Schuss eines von Rosso geschätzten Kollegen soll der Junge getötet worden sein. Von Schuldgefühlen geplagt begeht Sassu kurz darauf Selbstmord. Rossos private Probleme überschatten weiterhin die Ermittlungen. Mau wird unter Polizeischutz gestellt, nachdem sich herausstellt, dass der tödliche Schuss nicht von ihrem Kollegen vielmehr aus einem gegenüberliegenden Gebäude abgegeben wurde.
Im Trüben fischen
In ihrem ersten Fall steht die Kommissarin einem Geflecht von persönlicher Verstrickung und der Notwendigkeit gegenüber, Fakten nüchtern zu werten. Bei den Ermittlungen dringt sie in die Kreise der High Society vor und sieht sich der Hochnäsigkeit der Familie Pittalugas ausgesetzt. Man kennt sich privat über die Kinder, mit einmal ist sie die Kommissarin und stellt unangenehme Fragen. Als ein weiterer Mitschüler von Manu der Marokkaner Habib tot am Strand aufgefunden wird, ein Jungen, von dem es heißt, dass er sich prostituiert und gedealt habe, sieht Rosso sich darüber hinaus den Schwierigkeiten der Migration gegenüber. Zwei streng voneinander getrennte Welten tun sich auf, deren Wege nur die Kinder kreuzen.
Rosa Cerrato hat sich nicht nur eine hausbackene Kommissarin mit bewusster Überzeichnung ausgedacht, sondern vertraut auf eine dramaturgisch bewährte, aber funktionstüchtige Konstruktion. Während sie die Furcht einer Mutter um die möglichen Schattenseiten ihres Sohnes inszeniert, legt sie Wert auf political correctness:
Unwillkürlich empfand Nelly Mitleid für diesen dunkelhäutigen Jungen und seine Familie. Sein Tod interessierte niemanden, gerade so, als hätte jemand eine Fliege zerquetscht. Doch Habib war keine Fliege, sondern ein Mensch wie alle anderen auch.
Eine Kommissarin, die den Kopf über Wasser hält
Ein Fall, dessen Verwicklungen genügen, um den klassischen Kriminalroman abzuspulen. Rosso ermittelt, führt Gespräche, wird in Schusswechsel verstrickt und schlägt sich mit Intrigen herum. Ein Gebrauchskrimi, der aus Versatzstücken bewährter Kriminalromane zusammengesetzt ist, während die Ermittlungen und das Leben sich in Vormittage, Nachmittage und Abende aufteilen. Ein Buch ideal für eine Zugfahrt, bei der man entspannen will. Selbst wenn man es aus der Hand legt, wird man sich immer wieder wie Zuhause fühlen, sobald man es aufschlägt.
Rosa Cerrato, AtV
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