Spur ins Dunkel

  • Knaur
  • Erschienen: Januar 2010
  • 5
  • London: Orion, 2003, Titel: 'The third person', Seiten: 264, Originalsprache
  • München: Knaur, 2010, Seiten: 375, Übersetzt: Doris Styron
Wertung wird geladen
Jörg Kijanski
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2009

Eine der Enttäuschungen des Jahres

Jason lebt mit seiner Freundin Amy zusammen, doch seit einiger Zeit kriselt es. Als Jason über einen Internetchatroom Claire kennen lernt, entschließt er sich wenig später sie zu treffen. Es bleibt jedoch bei einem harmlosen Kaffeekränzchen, da er es letztlich nicht über sich bringt, seine Amy zu betrügen. Zwei Monate nach diesem Vorfall verschwindet Amy, hinterlässt Jason aber einen Abschiedsbrief in dem sie ihm erklärt, sie müsse einige Dinge zurechtrücken und käme dann zu ihm zurück.

Weitere vier Monate später: Jason geht seit einigen Tagen nicht mehr zur Arbeit, sondern sucht verzweifelt nach Amy, von der er seit ihrem Verschwinden nichts mehr gehört hat. Da er auf ihrem Computer auf realistisch wirkende Mord- und Vergewaltigungsseiten gestoßen ist, versucht Jason sich Zugang zu dieser ganz eigenen Welt zu verschaffen. Auf diesem Weg lernt er "Kareem" kennen, der offenbar mit Amys Verschwinden zu tun hat. Durch einen Trick gelingt es ihm, ein Treffen mit Kareem zu vereinbaren. Bevor es dazu kommt steht jedoch unerwartet die Polizei vor der Tür, da Claire ermordet wurde. Als er von dem Verhör im Präsidium nach Hause kommt, erwartet ihn bereits die nächste Überraschung in Person von Walter Hughes, dessen "Mitarbeiter" gerade Jasons Wohnung auseinandernehmen. Hughes ist auf der Suche nach einem für ihn wertvollen Text, den Claire gestohlen hat.

Am nächsten Tag trifft Jason in einem kleinen Waldstück Kareem und erfährt, dass Amy dem bekannten Gangster Marley in die Hände gefallen sei. Zudem findet Jasons Freund Graham im Internet einen Snuff-Text, in dem der Mord einer jungen Frau detailliert beschrieben wird, bei der es sich um Amy handeln könnte.

Steve Mosby schrieb mit Der 50/50-Killer einen grandiosen Debütroman und mit Tote Stimmen einen Thriller, der ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt lag. Beides resultierte unter anderem daraus, dass die Geschichten vom üblichen Mainstream positiv abwichen. Dies nur vorab damit Sie wissen, dass ich von Steve Mosby grundsätzlich sehr viel halte. Sein neues Werk (oder ist es doch eher ein erster Schreibversuch aus lang zurückliegenden Schulzeiten?) ist jedoch ein Flop erster Klasse. Die Idee des Plots mag ja noch angehen, obwohl es ja schon etliche Romane gibt, bei denen es um Snuff-Videos geht. Hier handelt es sich um einen Snuff-Text, der den Leser in die dort erzählte Geschichte förmlich hineinzieht.

So weit so gut (na ja), aber der Erzählstil geht gar nicht. Der Ich-Erzähler Jason springt in der Handlung ständig hin und her, erzählt ausschweifend über seine Beziehung zu Amy und erzählt auch sonst sehr ausufernd über Dinge, die die Handlung kein bisschen voran treiben. Endloses Geschwafel könnte man böswillig sagen und läge zumindest nicht völlig falsch. Auf den ersten hundert Seiten passiert erschreckend wenig und selbst im weiteren Verlauf will die Geschichte ebenfalls nicht mehr begeistern, weil man sich irgendwann nur noch ein schnelles Ende herbei sehnt. Trotz dreier Morde sind keinerlei polizeiliche Ermittlungstätigkeiten zu erkennen. Dafür ergeben sich Jasons Recherchen auf der Suche nach Amy fast von selbst. Die Hinweise fliegen ihm förmlich zu, dabei bräuchte er ja eigentlich nur in die Stadt Thiene zu fahren, wo besagter Marley lebt, wie er und die Leser bereits auf Seite 109 erfahren. Tatsächlich beginnt dieser Teil der Geschichte, also die Suche nach Marley, erst auf Seite 305. Einfach unglaublich! Ebenso unglaublich ist dann die Suche selbst. Dreißig Personen gibt es in Thiene die Marley heißen. Jetzt, wo man schon lange hofft, dass Buch möge doch endlich zu Ende sein, beginnt also die Suche nach Marley. Doch bevor Jason den richtigen Marley findet erfährt man ausführlich, warum es die Nummer eins der Liste nicht ist und auch nicht die Nummer zwei und nicht die Nummer drei und so weiter, bis dann etliche Seiten später bei Nummer achtzehn endlich ein Treffer gelandet wird.

 

"Am Morgen gab ich meine Schlüssel zurück und machte mich auf den Weg aus Downtown hinaus, zurück in die wirkliche Welt oder was als solche gilt. Es war merkwürdig, den Himmel wieder zu sehen – blauweiß und wolkenlos – und das Geräusch von Autos und Leuten zu hören, die ihren Beschäftigungen nachgingen ohne ein drohendes Echo, das sie der Welt ankündigte."

 

Wenn Sie es ebenfalls merkwürdig finden, den Himmel zu sehen, dann greifen Sie zu. Vielleicht erschließt sich Ihnen ja auch der Rest dieses denkwürdigen Romans mit dem – so gesehen – bezeichnenden Titel "Spur ins Dunkel".

Spur ins Dunkel

Steve Mosby, Knaur

Spur ins Dunkel

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Spur ins Dunkel«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren