Das Zeichen des Jägers
- Suhrkamp
- Erschienen: Januar 2009
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- Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2009, Seiten: 235, Übersetzt: Birgit Hildebrand
- Athen: Ekdoseis Patake, 2006, Titel: 'Κινεζικα κουτια', Originalsprache
Ein trauriger Ire in Chinatown
Erste Sätze sind ja so immens wichtig. Wie oft werden Bücher im Laden einfach mal auf Verdacht angelesen? Wenn da nicht schon der erste Satz fesselt, dann schafft es der Autor nicht, einen Zufallsleser zu erreichen. Oft liest man hier dramatische Wetterbeschreibungen, Landschaftsschilderungen in schillernden Worten, Adjektive, Attribute, Metaphern. Wer sagt eigentlich, dass sich Autoren gerade im ersten Satz immer wieder selbst übertreffen müssen?
1989 war die Kriminalität in New York dermaßen hoch, dass man glaubte, es könnte nicht schlimmer werden.
Es geht auch anders. Die griechische Romanautorin Soti Triantafillou beweist es in Das Zeichen des Jägers auf eindrucksvolle Weise. Es lebe die neue Sachlichkeit. Ein Satz, und der Leser weiß, was ihn erwartet. Hier ist ein Kriminalroman, der ein sehr realistisches Bild zeichnen will, der durch den Prolog die enge Anlehnung an die Wahrheit der Straßen New Yorks sucht. Dieser erste Satz ist zugleich ein Dämpfer auf die heimliche Hoffnung des Lesers, sich zu einem Happy End durchzulesen. Es ist der erste Krimi der Griechin, und er kann besonders durch seinen Tiefgang begeistern.
Schlaflos in Manhattan
Der Held der Geschichte ist Stuart Malone, der in Manhattan, Meat Packers District, ein kleines und nicht sehr gewinnträchtiges Büro als Privatdetektiv unterhält. Ein Job, den der irisch-stämmige New Yorker nicht ganz freiwillig ausübt, den er ist aus den Reihen der Polizei gemobbt worden. Malone, ein einsamer Wolf, der seit der Trennung von seiner Frau auch seinen Schlaf verloren hat, ist, weil er seit Jahren in China Town lebt, ein Experte für die chinesische Bevölkerung Manhattans geworden. Und als solcher wird er auch von den Ex-Kollegen manchmal noch zu den unlösbaren Fällen hinzugezogen.
So auch diesmal, als mehrere getötete Männer von ihrem Mörder mit einem Mal gekennzeichnet werden: Ein Hirschkopf in einem Sechseck. Da zwei der Toten Chinesen sind, führt die Spur nach Chinatown, wo nur noch Malone der Polizei helfen kann. Der hat gerade einen anderen Fall auf den Tisch bekommen, die Suche nach einem jungen Mann. Falls es in diesem Fall überhaupt eine Spur gibt, so führt die nach Nebraska. Malone schickt seine Mitarbeiterin Deenie Lamour aufs Land, wo sie nicht nur die Leiche des jungen Mannes findet, sondern auch einen verdächtigen Mann, von dem sie sich magisch angezogen fühlt.
(M) alone und (L) amour
Die Namen der beiden Helden sind Programm. Der Eine verzweifelt einsam, die Andere verzweifelt verliebt. Die Autorin erzählt ihre Geschichte voller Melancholie, ohne einen Schimmer der Hoffnung. Beklemmung und Traurigkeit erzeugt sie damit beim Leser, nur in dieser Stimmung ist der Roman zu überstehen. Alles endet tragisch, im Leben gibt es nichts zu lachen, umsonst ist nur der Tod. Und der Tod lauert in New York 1989 an jeder Ecke.
Mit dem Wissen um die chinesische Mythologie versucht Malone die Zeichen zu deuten, die der Serienmörder hinterlässt. Gibt es rassistische Motive? Nun, die lauern in New York offenbar an jeder Straßenecke und auch die Polizei ist von rassistischem Gedankengut durchzogen. Malone muss letztlich erkennen, dass der Hirsch auch in anderen Kulturen eine mythologische Bedeutung hat und dass er sich vielleicht in etwas verrannt hat. Wie so oft in seinem Leben. Aber inzwischen ist es zu spät.
Es gibt mehrere Passagen, die eine verstörende Wirkung auslösen. Zusammenhänge ergeben sich nicht zwangsläufig und die Tatsache, dass die Ereignisse der Handlung nicht unbedingt zusammen hängen müssen, ist eine seltene Erkenntnis für einen Kriminalroman. Trotzdem funktioniert Das Zeichen des Jägers, weil man schon durch den Prolog auf diese Umstände eingestimmt wird. Soti Triantafillou schreibt über die Wahrheit in den Straßen New Yorks. Und niemand hat behauptet, dass Glück und Freude hier etwas mit Wahrheit zu tun haben.
Soti Triantafillou, Suhrkamp
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