Ehre, wem Ehre gebührt
- Leda
- Erschienen: Januar 2009
- 10
- Leer: Leda, 2009, Seiten: 253, Originalsprache
Der Hype und die Dürftigkeit
German Hard Boiled oder wie werde ich bekannt?
Es gibt Autoren, die versprechen sich viel davon, sich bewährter Muster zu bedienen. Cool muss man sein, hart muss man sein, allein muss man sein und eine Stange vertragen. Das verkauft sich in der Regel. Frei nach Ed McBain, der seinen Roman "Die Gosse und das Grab" gleich mit dem Geständnis beginnt:
"Ich bin Trinker. Eins sollten wir vorab allerdings gleich klarstellen: Ich trinke, weil ich trinken will."
Und so begegnet uns in Ehre, wem Ehre ... ein altbekanntes Gesicht, eine Ermittlerin, die sich alkoholkrank ihrer Umwelt widersetzt und die eigene Schwäche à la Mickey Spillane mit Sarkasmus übertüncht. Diesmal heißt die Kommissarin Thea Zinck, und wir sehnen uns nach Bottinis Freiburger Ermittlerin Louise Bonì zurück, die gegen Zink eine schillernde Figur mit abgründiger Tiefe ist.
W.W. Domskys Zinck setzt auf einen provozierenden, burschikosen, jeglicher political correctness abholden Charakter, der sich verbal auf Stammtischniveau durch die Dialoge bewegt, während ihre speziellen Freunde, die Türken, für den holzschnittartigen Skandal des Fememordes herhalten müssen.
Legt da eine Autorin den Finger in eine brennende Wunde unserer Gesellschaft? Oder möchte da jemand seinen Bekanntheitsgrad steigern?
In der Metzgerei
Welcher Autor, welcher Agent, welcher Verlag zerbricht sich nicht den Kopf darüber, wie er es schafft, dass sein Kriminalroman nicht in der Flut der Neuerscheinungen untergeht? Dem Droste-Verlag waren Stellen in Ehre, wem Ehre gebührt zu brisant, so dass er seiner Autorin zu Änderungen riet. Diese wurden im Vorfeld der Veröffentlichung bei Leda zu einem Feldzug gegen die Zensur aufgepuscht. Eine Autorin gegen den Islam. Eine Art Jeanne d’Arc der romanesken Meinungsfreiheit. Das verspricht Medienpräsenz.
Und der Roman?
Ein Blockbusterstart. Mitsamt blutbesudeltem Mann am Bett der Kommissarin und einem Massaker in einer Metzgerei. Eine Türkin mit einem Einschussloch in der Stirn, ein Landsmann mit Hilfe eines handtellergroßen Glasstücks die Halsschlagader durchtrennt, während der Metzger an der Hand verletzt wurde. Was will man mehr? Die Autorin zieht im Verlauf ihrer Geschichte alle Register, von denen sie sich Suspense verspricht. Zeiträume werden aufgelöst, Wunder ermöglicht. Die Einschusslöcher vom Ballistiker im Handumdrehen einer Makarov-Pistole zugehörig identifiziert. Kriminalistik auf höchstem Niveau.
Auch sprachlich graust es einen. Vom "Augenlider-Sand, der die Augäpfel wund rieb" bis zu Schüssen, die im Körper eines Menschen als "Treffer" bezeichnet werden. Gut, dass der Mann von RTL sich empört: "Die Bürger haben ein Recht auf Information!"
Mitarbeiter am Tatort werden nebenbei als "schick wie immer", "geduscht ist er auch" oder als "Frischling" eingeführt, so dass wir uns mitten durch's Phantasialand der deutschen Krimiliteratur bewegen. Man ist cool. Auch angesichts eines Massakers, das aus BMW, Jaguar, Audi, Mercedes womöglich mit einer Stalinorgel, zumindest einem Maschinengewehr durchgeführt wurde. Blut überall, säckeweise Patronenhülsen.
Wie bringe ich die Presse dazu, dass sie über mich schreibt?
Die Täter sind früh bekannt, der Fall latent vorhersehbar. Die Traumatisierung eines Jungen wird instrumentalisiert. Dialoge dienen, sobald sie die Türken betreffen, dem Anliegen einer Autorin, die Wirklichkeit dem Effekt der Dämonisierung zu unterwerfen. Natürlich darf auch die Russenmafia nicht fehlen.
Ein Ehrenmord, gepaart mit einer Kommissarin, die verbal kein politisches Fettnäpfchen auslässt, so eine Melange muss sich doch medienwirksam ausschlachten lassen, selbst wenn sie deutschtümelnd daherkommt. Oder?
Die Frage darf auch gestellt werden, warum eine Autorin sich ein Pseudonym zulegt, wenn sie unter eigenem Namen das Drama ihrer beinahe gescheiterten Veröffentlichung beklagt?W. W. Domsky, Leda
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