Schwarzer Regen
- audio media verlag
- Erschienen: Januar 2009
- 4
- München: audio media verlag, 2009, Seiten: 6, Übersetzt: Florian Fischer
Intensiv
In seinem Vorwort zu Schwarzer Regen bezieht sich der Autor Karl Olsberg auf einen 1964 erschienen Roman des Japaners Masuji Ibuse, der unter dem gleichlautenden Titel veröffentlicht wurde und sich mit dem Schrecken des Lebens nach den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki auseinandersetzte. Demgemäß hat sich der Bielefelder Autor für seinen im Aufbau-Verlag erschienenen Thriller die Latte ordentlich hoch gelegt, um auf knapp über 400 Seiten seinerseits eine gestörte Welt in Deutschland zu zeichnen.
Die Atombombe explodiert in Karlsruhe. Wovor sich die gesamte "zivilisierte" Welt insgeheim fürchtet, wird zur traurigen Wirklichkeit. Lennard Pauly überlebt. Er arbeitet für einen privaten Sicherheitsdienst und spioniert Menschen aus. Nachdem auch sein Sohn dem feigen Anschlag zum Opfer gefallen ist, macht sich Pauly wieder an die Arbeit und dabei gelangt er zu Erkenntnissen, dass vielleicht doch nicht eine extremistische Splittergruppe aus dem Nahen Osten für den Tod von Tausenden Menschen verantwortlich war ...
Aber im Endeffekt kann man die Handlung in diesem Buch getrost vergessen, so simpel gestrickt ist der Fall. Vorhersehbar und platt bewegen sich die Figuren in der Geschichte und wo sich nur ein Funken an Sympathie auf den Leser überträgt, wird sie mit radikalen Schnitten abgewürgt.
Wo dieses Buch wirklich punktet, ist die Beschreibung dessen, was über Karlsruhe ohne Vorwarnung herein bricht. Die Schilderung des Grauens, das die wenigen Überlebenden und Rettungskräfte erleben, gehören zum Intensivsten, das ich seit Langem gelesen habe. Diese wenigen Seiten schriftstellerischer Fähigkeit sind es alleine schon wert, diesen Thriller zu lesen, in dem die vermeintliche Realität den Leser erschüttern kann.
Dazu kommt ein Gegenwartsbericht zur rechten Szene, die sich in schlechten Zeiten über beträchtlichen Zulauf erfreuen kann und hätte ich nicht selbst, während ich diesen Roman las, die erschreckende Wirklichkeit in Brandenburg erlebt, so wären mir diese Passagen im Buch übertrieben vorgekommen. Wie der Hass die Menschen regiert, ist ein Thema, das Olsberg zwar immer wieder in Schwarzer Regen aufgreift, aber letztendlich nicht genügend vertieft und genau wie die Schilderung der Schicksale der Opfer zu Gunsten der müden Story schlichtweg abwürgt.
Die Handlung rund um Lennard Pauly und seine neue Flamme hat Groschenromanniveau. Das Treffen mit seiner Ex, deren Mann und dessen dienstbaren Geistern ist zwar bemüht konstruiert, aber in seiner ganzen Einfachheit so unglaubwürdig, dass man den Roman enttäuscht zu Ende liest. Hier hat sich der Autor selbst um die Früchte seiner Arbeit gebracht, weil er den Spannungsbogen bereits zu Beginn grandios in die Höhe treibt und dann nicht mehr genügend nachlegen kann. Er verzettelt sich im kleinkarierten Schreibstil eines Fortsetzungsromans eines Boulevardmagazins.
Wirklich schade, denn die guten Aspekte dieser Lektüre hätten sich eine Top-Wertung auf der Krimi-Couch verdient. Aber auch wenn die zweite Hälfte des Buches die Erwartungen nicht erfüllen kann, sollte man sich nicht davon abhalten lassen und in Schwarzer Regen hinein lesen. Insgesamt ist dieser Thriller noch immer besser, als so mancher marktschreierisch in die Lesecharts katapultierte Stoff. Ich halte dieses Buch auch für geeignet, im Rahmen eines Projektes im Unterricht für Schüler ab der 9. Schulstufe gelesen zu werden, denn mit dem Dauerbrenner aus dem Deutschunterricht von Hakan Nesser kann es allemal mithalten.
Karl Olsberg, audio media verlag
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