Bad Traffic
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2009
- 1
- London: Sort Of, 2008, Titel: 'Bad Traffic', Originalsprache
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009, Seiten: 443, Übersetzt: Silke Jellinghaus
Drei Chinesen in England
Simon Lewis ist 1971 in Wales geboren, ein Reiseschriftsteller, der zwischen London und Asien pendelt. Viel mehr verrät uns sein Verlag nicht über ihn, außer dass Bad Traffic den Auftakt einer Serie um den chinesischen Kommissar Jian bildet.
Und dieser Jian begibt sich in Bad Traffic nach England, um seine Tochter zu suchen. Ein Hilferuf per Telefon hatte ihn alarmiert und prompt setzte er sich in den nächsten Flieger, obwohl er kein einziges Wörtchen englisch sprechen kann. Ein wenig "lost in translation" wühlt er sich durch die Gegend und findet eine Spur, die ihn zu einem chinesischen Restaurant führt. Dort hat seine Tochter gearbeitet, aber nun ist sie verschwunden. Doch auch hier gibt es Spuren, die dem Kommissar weiterhelfen.
Schnitt
Ding Ming und seine Frau Little Ye sind von einer Schlepperbande nach England gebracht worden, um dort für Hungerlohn Sklavenarbeiten auszuführen. Doch kaum angekommen, werden die beiden voneinander getrennt. Ding Ming, der in der Heimat ein wenig englisch gelernt hat, wird von seinem Bewacher Kevin damit vertröstet, dass er nach gewissen sexuellen Gefälligkeiten mit seiner Liebsten telefonieren kann. Doch plötzlich sieht er sich mit einem anderen Chinesen konfrontiert, einer der nicht mit ihm illegal nach England geschleust wurde: Kommissar Jian.
Nach rund hundert Seiten Vorgeplänkel geht es zur Sache. Jian entführt Ding Ming aufgrund dessen Sprachkenntnisse und fährt mit ihm zu einer Farm, auf der sich der dritte Chinese, ein Mann namens Black Fort, aufhalten soll. Black Fort verdient sein Geld mit Schutzgeldern und Menschenschmuggel. Mit geklauten Autos jagen die beiden durch die Nacht, auf der Flucht vor ihren Verfolgern und auf der Hut vor der englischen Polizei.
Reise in die englische Gegenwart
Mitunter gibt Lewis seinem Roman komödiantische Züge. Als hätte er Rosendörfers Briefe in die Chinesische Vergangenheit gelesen, kommentiert er einige Begebenheiten und Besonderheiten der englischen (bzw. allgemein westlichen) Gesellschaft auf eine unbedarfte Art. Zum Glück übertreibt er es hiermit aber nicht zu sehr. Schlimmer ist da die dämlich-naive Art von Ding Ming, der seinen Landsmann immer wieder in Schwierigkeiten bringt, sich von absolut trotteligen Gedankengängen leiten lässt und schwerster Demütigung immer noch Vertrauen zu seinem Peiniger Kevin hat.
Aber Naivität und Leichtgläubigkeit sind die Charakterzüge, ohne die dieser Roman nicht funktionieren könnte. Auch eine andere Hauptperson, Jians Tochter Wei Wei, ist nicht gerade eine Ausgeburt menschlicher Intelligenz. Über lange Strecken ist Bad Traffic ein recht guter Thriller, doch einige Schnitte sind zu hart. Auf einmal langweilt der Autor mit irgendwelchem Vorgeplänkel, zu oft schildert er Situationen aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. So bleibt der Roman davon entfernt, ein echter Knaller zu sein, aber eine nette Strandlektüre ist er im diesjährigen Lesesommer allemal.
Simon Lewis, Rowohlt
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