Schlangenhaus
- Manhattan
- Erschienen: Januar 2009
- 4
- München: Manhattan, 2009, Seiten: 505, Übersetzt: Marie-Luise Bezzenberger
- München: Goldmann, 2010, Seiten: 505
Rasanter Thriller mit allen Klischees
Clara Benning ist Tierärztin und lebt zurückgezogen in einem kleinen Dorf der Grafschaft Dorset. Warum sie so zurückgezogen lebt und welche Probleme sie mit sich selbst hat, das kristallisiert sich erst ganz langsam nach und nach heraus, deshalb soll auch an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden. Klar wird zumindest schnell, dass die Erzählerin des Buches keine 08/15-Tierärztin ist. Sie geht in ihrer Arbeit auf und so steht ihr Beruf über allem anderen. Vor allem die Wildtiere in ihrem Bezirk fordern ihr Engagement. Es mutet schon ein wenig seltsam an, dass Clara die Nachricht vom Tod ihrer Mutter zunächst völlig teilnahmslos registriert, obwohl sie sie doch geliebt hat. Doch auch auf dieses Thema wird erst später im Buch eingegangen.
Schlangen sollten in England für die Einwohner kein allzu großen Problem darstellen - möchte man meinen. Auch für Clara waren wild lebende Ringelnattern und ein paar Kreuzottern bislang eher Nebensächlichkeiten. Um so merkwürdiger, dass es in ihrem Dorf urplötzlich zu einer regelrechten Schlangenplage kommt. Kreuzottern sind zwar giftig, doch ihr Biss ist für gesunde Erwachsene normalerweise nicht tödlich. Dass ein älterer Mann dennoch nach dem Biss einer Kreuzotter starb, schreckte die Bevölkerung zunächst noch nicht auf.
Etwas stutzig wird Clara allerdings schon, als sie von einer hysterischen Mutter in der Nachbarschaft verständigt wird. Im Babybett hat es sich eine Kreuzotter auf dem schlafenden Säugling gemütlich gemacht. Für ein so kleines Wesen kann der Schlangenbiss tödlich sein. Clara gelingt es, das Baby zu retten. Eine Erklärung, woher die Schlange gekommen ist, hat sie allerdings nicht.
Natürliche Ursachen für die Schlangenplage schließt sie erst vollends aus, als es in einem anderen Haus des Dorfes zu einer Schlangeninvasion kommt. Nachdem die Bewohner in Panik das Haus verlassen haben, räumt Clara mit Matt, der ihr seine Hilfe aufdrängt, alle Zimmer von Reptilien. Gefählich wird es, als sie unter den harmlosen Ringelnattern einen Taipan entdecken, eine der giftigsten Schlangen, die normalerweise in Australien heimisch ist. Nur mit viel Glück bleiben Clara und Matt unverletzt. Doch woher kommt der Taipan?
Schlangen und Religion
Flott geschrieben und genauso flott lesbar startet das Schlangenhaus. Eine solch ambivalente Protagonisten wie Clara Benning als Ich-Erzählerin bietet natürlich genügend Ansätze für Neugier und Spannung. Dass Sharon Bolton ihren Thriller mit sämtlichen Klischees des Genres gespickt hat, macht es dem Leser nur noch einfacher, in rasantem Tempo durch die spannende Handlung zu fliegen. Eine Einzelgängerin, ein hochintelligente Tierärztin, die auf ihrem Gebiet eine Spitzenkraft ist, sich im täglichen Leben dagegen abschottet und als naives Dummchen auftritt, ist natürlich eine fette Beute für smarte und außergewöhnliche Männer, die hinter Claras Mauerblümchen-Fassade sofort die begehrenswerte intelligente Frau sehen.
Und natürlich wird Clara - wie sollte es auch anders sein - immer mehr in die Geschehnisse verstrickt und wird schließlich zunächst selber verdächtigt, dann zur Einzelkämpferin, obwohl sie das alles gar nicht gewollt hat.
Man muss schon genau aufpassen, um die zahlreichen Personen der konstruierten Handlung aus der Vergangenheit, welche zum aktuellen Geschehen geführt hat, richtig miteinander verknüpfen zu können. Nicht alles ganz logisch aufgebaut und oftmals um die Ecke gedacht, schafft es die Autorin dennoch, den Leser auf die Fährten der Vergangenheit anzusetzen und immer wieder neue Fährten und Wendungen ins Spiel zu bringen.
Interessante Aspekte um die titelgebenden Reptilien, deren Beziehung zum Menschen in verschiedenen Mythologien und Religionen sowie biologische Details lockern die Handlung ein wenig auf und fesseln den Leser auf andere Art.
Schlangenhaus ist ein spannender, aber anspruchsloser Thriller, der das, was er in erster Linie tun soll, hervorragend macht - nämlich gut und kurzweilig zu unterhalten. Mehr allerdings auch nicht.
Sharon Bolton, Manhattan
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