Kein Zeichen von Gewalt
- dtv
- Erschienen: Januar 2009
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- Oslo: Aschehoug, 2007, Titel: 'Tarantellen', Seiten: 414, Originalsprache
- München: dtv, 2009, Seiten: 377, Übersetzt: Sigrid Engeler
Auch der zweite Teil der Serie mit Orla Os überzeugt
In ihrem zweiten Fall hat es Sonderermittlerin Orla Os mit zahlreichen Schwierigkeiten zu tun. Zunächst meldet Isabelle Fabre ihren Mann Adam als vermisst, nachdem er seit zwei Tagen nicht nach Hause kam. Doch Adam, der eine Modelagentur leitet, ist dafür bekannt, dass er öfters bei wechselnden Geliebten übernachtet. Orla ermittelt in dem Fall, der aus ihrer Sicht noch gar keiner ist, mehr halbherzig bis zwei Tage später Adams Auto gefunden wird. Auf der Rücksitzbank findet die Polizei die Leiche einer jungen Frau.
Doch weder die Identität der Frau noch deren Todesursache lassen sich trotz intensiver Untersuchungen feststellen. Und auch sonst treten die Ermittlungen, die sich zunehmend mit dem familiären Hintergrund der Fabres beschäftigen, auf der Stelle. Isabelles Onkel ist einer der reichsten Männer von Paris, Marc Tesson. Dieser hat vor allem eine Maxime, keine Skandale. Die Loyalität der einzelnen Familienmitglieder ist nicht zu knacken, alle sagen nur so viel aus, wie die Polizei schon von selbst herausgefunden hat. Offenbar gibt es für Jeden etwas zu verbergen.
So will Adam Fabres Kompagnon Georges Lambert beispielsweise keine Erkenntnisse darüber haben, wie die Geschäfte der Modelagentur eigentlich liefen. Auch Geschäftsunterlagen sind nirgendwo zu finden. Nachdem sich über etliche Tage die Ermittlungen im Kreis drehen wird plötzlich die Leiche von Adam gefunden. Im Bett von Georges Lambert, der plötzlich wie vom Erdboden verschluckt ist…
Jorun Thorring hat mit ihrem zweiten Teil der Orla Os - Reihe erneut unter Beweis gestellt, dass sie zu den aktuellen Shootingstars der skandinavischen Krimi-Szene gehört. Wie schon erwähnt führen Orlas Ermittlungen geradewegs in die Oberschicht der Gesellschaft, wo es in erster Linie darum geht, nur jeden Skandal zu vermeiden. Genauso ungern liest man den eigenen Namen in den Gazetten und so hüllt man sich vornehmlich in Schweigen.
Dieser Effekt ist aus Italien bekannt, wo es vor allem auf Sizilien meist nur "Cosa Nostra" heißt. "Unsere Sache", so lautet auch das Credo des Familienoberhauptes Marc Tesson. Doch hinter all der aufgesetzten Fassade aus Ruhm und Geld bröckelt es gewaltig. Zahlreiche Internas rauben den Angehörigen die Luft zum atmen. Oft scheint nur der Alkohol eine Fluchtmöglichkeit zu bieten und wie hier die Autorin den vermeintlich besseren Teil der Gesellschaft entlarvt ist erste Güte.
Auch ein zweiter Punkt muss hier hervorgehoben werden. Zunächst scheint man einen bekannten Plot vorzufinden. Ein Mord geschieht und die Polizei stößt auf eine Mauer des Schweigens. Aber kaum ist Adam Fabre unauffindbar und die junge Frau in seinem Auto aufgefunden schwenkt die Geschichte nach nur knapp dreißig Seiten plötzlich rund vierzig Jahre zurück. Auf einmal befindet man sich im April des Jahres 1961 kurz vor Ende des Algerienkrieges in eben jenem Land.
In Algerien scheint alles seinen Anfang genommen zu haben. Hier hatte die Familie Tesson ein erhebliches Vermögen angesammelt, doch jetzt (1961) gilt es, das Land lebend zu verlassen. Nicht allen Familienmitgliedern gelingt dies. Hier lernt Isabelle ihren späteren Mann Adam kennen, der als Fahrer von General Salan arbeitet, den Anführer der OAS, einer extrem rechtsgerichteten Gruppe, die die Interessen der Franzosen bis auf’s Letzte verteidigen will. Mit von der Partie, Georges Lambert, der Leibwächter von Salan. Die Unabhängigkeit Algeriens jedoch ist nicht mehr aufzuhalten und so will es das Schicksal, dass sich fast alle Mitwirkenden viele Jahre später in Paris wieder über den Weg laufen.
Genauso spannend wie das anrennen der Polizei gegen die Wand des Schweigens ist auch die politische Komponente des Romans. Anschaulich und eindringlich wird die Situation der Menschen in Algerien aufgezeigt und selbst hier gibt es lange zurückliegende Verbrechen aufzuklären.
Gut erzählt, mitunter etwas verwirrend, da die Verdächtigen des Öfteren wechseln und am Ende weitgehend lückenlos aufgeklärt. So kann es gerne im dritten Teil weitergehen.
Jorun Thørring, dtv
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