Letzte Vergeltung
- Fischer
- Erschienen: Januar 2010
- 4
- New York: G. P. Putnam’s Sons, 2007, Titel: 'Requiem for an assassin', Seiten: 356, Originalsprache
- Frankfurt am Main: Fischer, 2010, Seiten: 363, Übersetzt: Ulrike Wasel & Klaus Timmermann
Ein Killer in der Krise
Als "Requiem für einen Killler" wird Letzte Vergeltung, sich am Originaltitel orientierend, auf dem Buchrücken beworben. Sollte der sechste Roman tatsächlich das Aus für den japanisch-amerikanischen Gentleman-Killer John Rain bedeuten?
Zunächst spricht vieles dafür: Scharfschütze Dox, John Rains bester, bzw. einziger Freund wird entführt. Von niemand anderem als John Hilger, dem aus den anderen "Tokio Killler"-Romanen bekannte Erzfeind Rains. Für diesen soll Rain drei Mordaufträge ausführen. Natürlich dämmert ihm, das spätestens der dritte eine Falle ist, die ihn selbst ins Jenseits befördern soll.
Doch der Killer mit dem Spezialgebiet "Natürliche Tode" fühlt sich Dox verpflichtet und beginnt mit der Arbeit...
John Rain verändert sich. Aus dem "Eismann" wird ein zumindest in Ansätzen kommunikatives Wesen, denn er lässt es tatsächlich zu, dass ihm geholfen wird. Zu verdanken hat er dies in erster Linie einer Frau: seiner Geliebten Delilah, ihrerseits Mossad-Agentin. Ihr gelingt es sogar, John im Team arbeiten zu lassen, was in früheren Zeiten undenkbar gewesen wäre.
Doch je mehr er sich öffnet, umso offensichtlicher wird sein Dilemma, zwischen dem kalkuliert planenden und mit tödlicher Sicherheit arbeitenden "Eismann" und dem verliebten, nachdenklichen, Fehler zulassenden neuen John Rain entscheiden zu müssen. Wenn das vorliegende Buch der letzte Band der Serie sein sollte, ist relativ klar wie die Entscheidung ausfallen wird.
Leider ergibt sich daraus ein Problem: Richtig spannend und bei Laune haltend ist die Letzte Vergeltung hauptsächlich da, wo der "Eismann" das Zepter in die Hand nimmt und ebenso effektiv wie tödlich schwingt. Dass Rain gerne erst tötet und dann beginnt, Fragen zu stellen, macht seine "menschliche" Seite nicht eben glaubwürdiger.
Dem Thema des aussteigewilligen Killers und der Gewissens- und Interessenskonflikte, die diese Situation mit sich bringt, gewinnt Barry Eisler keine neuen Aspekte ab. Stattdessen wird das Standardprogramm von Reagieren und Agieren abgespult, Überraschungen bleiben Mangelware. Eisler ist natürlich immer noch solider Handwerker genug, dass man das bunte Treiben bis zum Ende ohne Langeweile verfolgt, doch einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt John Rains Ausflug ins Land des Zweifelns nicht.
Einem ungetrübten Lesevergnügen steht ebenfalls der Wechsel der Erzählperspektiven im Weg. Während Rains Ich-Erzählung den Lesefluss nur durch gelegentliches allzu heftiges Grübeln zum Stocken bringt, wirkt Dox Gebaren als Geisel und Erzähler ziemlich pubertär bis peinlich, während John Hilgers Innenansichten eines durchschnittlichen Schurken schlicht belanglos sind.
So bleibt ein Roman zum schnellen Überfliegen und die Hoffnung, dass ein würdiger Abschluss der Reihe um den "Tokio Killer" noch geschrieben wird.
Barry Eisler, Fischer
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