Föhnlage

  • Argon
  • Erschienen: Januar 2009
  • 38
  • Berlin: Argon, 2009, Seiten: 4, Übersetzt: Jörg Maurer
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2009

Selten so gelacht!

Bei einem Konzert der skandalträchtigen Klavierspielerin Pe Feyninger stürzt ein Mann von der Decke und ist tot. Übrigens genauso tot wie der Besucher, auf den er fällt. Doch obwohl rund vierhundert Personen im Saal anwesend sind, will niemand den Sturz bemerkt haben. Schlimmer noch: Es gibt für Polizeihauptkommissar Hubertus Jennerwein und seine Mannschaft kaum verwertbare Spuren, denn im Publikum saßen fast ausnahmslos Mediziner, die nach dem Vorfall alle helfen wollten. So wundert es kaum, dass jemand in der Blutlache ausrutscht, um sich kurz darauf beim Aufstehen an jener Sitzlehne abzustützen, die zu dem Stuhl des Opfers gehörte. Auch so können Spuren verwischt werden.

Währenddessen gehen die Bestattungsunternehmer Ursula und Ignaz Grasegger einem lukrativen Nebenerwerb nach, in dem sie Leichen unauffällig verschwinden lassen. Kurz vor der Beerdigung eines Verstorbenen fügen sie dem Sarg, der automatisch in das Grab herabgelassen wird, eine zweite Leiche hinzu. Bevorzugt aus Italien, wo sich die dortige Mafia des Öfteren unliebsamer Personen entledigt. Aber auch die Öffnung nach Osteuropa lässt blühende Geschäfte erwarten.

Jennerwein und sein Team ermitteln auf Hochtouren, jedoch scheint irgendwie allen Beteiligten der Föhn zu schaffen zu machen.

Wenn ein Kabarettist einen Krimi schreibt

Föhnlage ist der Debütroman des preisgekrönten Musikkabarettisten Jörg Maurer. Mehr müsste man an dieser Stelle eigentlich gar nicht schreiben, denn wenn ein Kabarettist einen Krimi schreibt... - genau, dann geht das in erster Linie auf Kosten der Lachmuskulatur. Der Krimiplot selber ist ordentlich strukturiert, aber natürlich alles andere als ernst zu nehmen und so ist oftmals nicht Kommissar Jennerwein, sondern Kommissar Zufall der Retter in der Not. Wenig verwunderlich also, dass Jennerwein bislang noch jeden seiner Fälle lösen konnte.

 

"Morgen habe ich eine Matinee, eine Vormittagsvorstellung..."
"Ich weiß, was eine Matinee ist. Die Hälfte aller bayrischen Polizisten hat Abitur. Ich bin einer davon."

 

Dabei steht Jennerwein mit beiden Beinen fest im Leben, auch wenn er unter einer merkwürdigen Krankheit, der Bewegungsblindheit, leidet. Er ist immer gerade heraus, bloß kein Fachchinesisch.

 

"Von dort oben kann man herunter springen."
"Das kann von einem Balkon immer."
"Ich meine, man kann so herunter springen, dass man da landet, wo das Opfer aufgefunden wurde."
"Jetzt sind wir doch wieder bei der Flugparabel angekommen. Ypsilon im Quadrat ist gleich zwei p mal x ..."
"Hören Sie auf, Becker! Das tut mir weh! Sie behindern die Ermittlungen!"

 

Fast auf jeder Seite bestimmen skurrile Situationen, schreiend-komische Dialoge das Geschehen. So bereits zu Beginn als sich zahllose Ärzte um die beiden Verletzten (Toten) kümmern wollen und mit dem Ruf "Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt" ein heilloses Chaos anrichten. Auch nett, wenn Jenningers Team, eine rauchfreie Raucherpause einlegt.

Die Handlung spielt in einem nicht namentlich genannten Kurort im Alpenvorland, auf dessen Namen sich jedoch zahlreiche Hinweise finden. Sollte es jemand wider Erwarten dennoch nicht mitbekommen, so sei ein Hinweis auf den Geburtsort des Autors erlaubt:

 

"Wir befinden uns hier in einem halbwegs luxuriösen Fremdenverkehrsort.
Es ist nicht gerade St. Moritz oder Kitzbühel, aber auch nicht Hinterpfuideifl."

 

Wer gerne mal bei einem äußerst kurzweiligen Krimi ablachen will, greift hier bedenkenlos zu. Einige wenige bayerische Vokabeln könnten zwar unverständlich bleiben, aber sei es drum. Selten war ein Krimi so vergnüglich.

 

"Ja, ich rieche ein Gewaltdelikt. Ich weiß bloß noch nicht, woher der Geruch kommt."
"Ewig können Sie diesen Schnupperkurs nicht fortsetzen, Jennerwein."

 

Föhnlage

Jörg Maurer, Argon

Föhnlage

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