Das Rattenprinzip
- rororo
- Erschienen: Januar 1991
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- Reinbek bei Hamburg: rororo, 1991, Seiten: 186, Originalsprache
- Meßkirch: Gmeiner, 2008, Seiten: 231, Originalsprache
Neuauflage des preisgekrönten Debütromans
Udo Winterhalter ist seit kurzer Zeit Lokalchef des Stuttgarter Tagblatts und besucht mit seiner Lebensgefährtin Claudi Roth eine Theateraufführung über die im Vorfeld sein Feuilletonkollege Leif Götzberg in der Kunstzeitung ARTemis eine berauschende Kritik geschrieben hat. Einen Tag nach der Premiere erscheint jedoch ein schlimmer Verriss von Götzberg im Tagblatt, kurz darauf ist er tot. Selbstmord so scheint es, denn er knallte mit seinem Wagen direkt in eine Hauswand. Skeptisch macht Hautkommissar Oswald nur, dass es keine Bremsspur gab, denn sogar ein Selbstmörder tritt instinktiv kurz vor dem Aufprall in die Eisen.
Winterhalter versucht Licht ins Dunkel zu bringen, zumal nur wenige Tage nach Götzbergs Tod auch Yasmina Finke stirbt. Hier gibt es allerdings keine offenen Fragen hinsichtlich der Todesursache, denn sie wurde ganz eindeutig erstochen. Finke wurde bei der Theateraufführung an Götzbergs Seite gesehen, was die Sache noch verdächtiger macht.
Währenddessen hat Claudi ganz andere Probleme zu bewältigen. Sie wird Zeugin einer Vergewaltigung, die der Sohn ihres Nachbarn und vor allem Firmenkonkurrenten an der eigenen, erst sechzehnjährigen Schwester verübt. Da es in dem eigenen Familienbetrieb wieder einmal besonders schlecht läuft, da der kommunistisch veranlagte Vater jeden Fortschritt im Maschinenpark ablehnt, erkennt Claudi ihre Chance, die Konkurrenz auf Distanz zu halten...
Deutscher Krimipreis 1992. Die "Fortsetzung" ist für 2009 angekündigt
Der Gmeiner-Verlag schreibt in seiner Presseinformation über die Neuauflage: "Das Rattenprinzip wird vom Gmeiner-Verlag jedoch nicht einfach nur neu aufgelegt, sondern bildet die Basis einer neuen Krimiserie, in der die Geschichte der Rattenprinzip-Protagonisten und ihrer Nachkommen weitererzählt wird. Im Frühjar 2009 wird die Fortsetzung des Romans unter dem Titel Wespennetz erscheinen."
Na bitte, darauf hat die Krimiwelt gewartet. Zumindest müsste diese Aussage für all jene Kritiker/innen hierzulande gelten, die seinerzeit diesen Debütroman mit dem Deutschen Krimipreis auszeichneten. Der Roman fällt in die Kategorie "Regionalkrimi" und zeichnet sich dementsprechend mit Passagen aus, die Menschen, deren Lebensmittelpunkt nicht in Süddeutschland liegt, nur schwer verständlich sind.
"Gang du nu zu dim Udole"
Dieser noch verhältnismäßig leicht verständliche Satz gibt einen Einblick in das, was die Leser/innen erwartet. Nicht immer kann der Dialekt-unkundige den Aussagen folgen und häufig wechselnde Szenarien mit zahlreichen Figuren sorgen ebenfalls ein ums andere Mal für Verwirrung. Ein wenig Konzentration ist schon erforderlich und so eignet sich Das Rattenprinzip außerhalb des süddeutschen Raums beispielsweise nicht als kurzweilige Begleitliteratur auf dem Weg zur Arbeit.
Die eigentliche Geschichte spielt im Frühjahr 1990, wobei die Neuauflage in 2008 beginnt. Hauptkommissar Oswald, früher bei der Stasi tätig und mittlerweile pensioniert, besucht Claudi Roth und teilt dieser mit, dass er glaube, den alten Fall gelöst zu haben. Nach diesem acht Seiten langen Intro erfolgt der Rückblick auf den damaligen Fall, will sagen, die alte Geschichte wird wiederholt (daher Neuauflage).
Gelungene Milieustudie
Der Roman ist in erster Linie eine gelungene Milieustudie. Winterhalter kommt in Stuttgart nicht zurecht und findet nur schwer Zugang zu dem Alltagsleben in der neuen Redaktion. Erst nach und nach geht ihm auf, dass er geholt wurde, weil sein Vorgänger zu viel von den Strippenziehern im Hintergrund mitbekam und dagegen journalistisch aufbegehrte. Von dem Landei Winterhalter erhofft sich der Chefredakteur, dass dieser Ruhe gibt, da er ja eh' nichts von den Zusammenhängen versteht. Doch nur zu schnell wird Winterhalter klar, dass es mafiöse Verstrickungen zwischen der Wirtschaft und dem Kulturbetrieb gibt.
Das Rattenprinzip sorgt durch seine zahlreichen Dialekt-Passagen zwar für ordentlich Lokalkolorit, ist aber - wie schon erwähnt - außerhalb des süddeutschen Raums nicht immer verständlich. Wohlwollend formuliert.
"Zmolz isch se hie."
"Dätsch ebbis schaffe, no wistsch es."
"s isch gloffa bis zletscht."
Ebenso tritt Claudis Vater, der rote Karle, immer wieder mit pseudo-kommunistischem Geschwätz in Erscheinung, dessen Sinn sich einem ebenfalls zumeist nicht auf Anhieb (wenn überhaupt) erschließt. Der Krimiplot selbst - konzentrieren wir uns noch mal kurz auf das Wesentliche - ist recht ordentlich, wenngleich der Vorspann der Neuauflage leider schon die Lösung vorwegnimmt. Vielleicht bringt das Wespennetz ja Licht ins Dunkel...
Uta-Maria Heim, rororo
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