Ein gewöhnlicher Verbrecher
- Bastei Lübbe
- Erschienen: Januar 2008
- 4
- Winnipeg: Ravenstone, 2005, Titel: 'An ordinary decent criminal', Seiten: 340, Originalsprache
- Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2008, Seiten: 316, Übersetzt: Wolfgang Crass
Ein beachtenswerter Debütroman aus Kanada
"Es wird uns nie gelingen, eine Jury oder einen Richter davon zu überzeugen, dass ein unbewaffneter Mann drei bewaffnete Männer umbringt und dabei selbst keinen Kratzer abbekommt. Und dann müssen wir sie außerdem noch davon überzeugen, dass Sie einen bewaffneten Eindringling entwaffnet und überwältigt haben, obwohl Sie mit Handschellen an ein Krankenhausbett gefesselt waren." Wie er das so aufzählte, klang es tatsächlich ein bisschen unwahrscheinlich. (S. 46)
Montgomery Haaviko geriet bereits im Jugendalter auf die schiefe Bahn, überfiel bereits mit 16 Jahren eine Apotheke, nahm alle möglichen Drogen und beging in den Folgejahren so ziemlich jedes denkbare Verbrechen. Mittlerweile ist er 32 Jahre alt, verbrachte von den letzten zehn Jahren acht im Gefängnis und will nun noch einmal ganz von vorne anfangen. Nach einem gültigen Gerichtsbeschluss darf er sich Sam Parker nennen und ist mit seiner Frau Claire glücklich verheiratet. Beide leben mit ihrem zehn Monate alten Sohn Frederick und Hund Renfield in einem bescheidenen Haus. Was fehlt ist ein fester Beruf, doch bereits kurz nach dem Einzug in die neue Wohnung scheint ihr Glück schon wieder in Gefahr zu geraten.
Die Umzugskartons sind noch nicht alle ausgeräumt, da stehen plötzlich drei bewaffnete Männer im Wohnzimmer der Parkers. Sam hört die Einbrecher und überrascht sie mit seinem Revolver bewaffnet. Da die Drei angesichts ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit nicht klein beigeben wollen, erschießt sie Sam kurzerhand. Aufgrund seiner Vorgeschichte glaubt ihm die Polizei jedoch nicht, dass er unbewaffnet gewesen sei und einem der Einbrecher die Waffe entwenden konnte. Sam wird verhaftet und gerät in die Hände des zur Gewalt neigenden Sergeanten Enzio Walsh. Doch selbst eine spezielle Behandlung der Polizisten ergibt lediglich ein nicht unterschriebenes Geständnis. Als sein hinzugezogener Anwalt Thompson Sams Verletzungen bemerkt, wird dieser in ein Krankenhaus verlegt. Trotz polizeilicher Bewachung gelingt es einem Killer an sein Bett vorzudringen, denn einer der drei Männer, die Sam in seiner Wohnung erschoss, war der Cousin des Mafiabosses Robillard. Sam gelingt es, den Mordversuch abzuwehren und wird überraschend freigesprochen. Nicht zuletzt weil es ihm gelingt nachzuweisen, dass seine Verletzungen durch die Polizisten verursacht wurden.
Kaum wieder daheim, geht der Ärger weiter. Tägliche Drohungen erschweren ihm die Jobsuche. Dabei hat er es gleich mit drei Gegnern zu tun. Walsh, Robillard und seine neuen Nachbarn, die einen Mörder nicht in ihrer Nachbarschaft dulden wollen. Sam sieht nur eine Möglichkeit, für sich und seine Familie Frieden zu finden. Ein letztes Mal müssen die Grenzen von Gute und Böse überschritten werden. Ein letzter Feldzug gegen Walsh und Robillard muss her und gegen die netten Nachbarn soll ein gemeinsamer Grillabend für Ruhe sorgen...
Ein Krimineller sucht sein privates Glück, doch Polizei und Mafia haben andere Pläne
Der Debütroman des 40-jährigen Kanadiers Michael van Rooy wirkt auf den ersten Blick wie ein schnörkelloses Roadmovie, obwohl die Handlung nur in einer einzigen Stadt spielt. Wo die Handlung spielt, erfährt man zunächst nicht. Nur soviel, die Main Street verläuft entlang des Red River. Na bitte! Immerhin hat der Autor auf Seite 131 dann doch ein Einsehen und klärt uns auf, dass die Geschichte in Winnipeg spielt.
Selbstjustiz-Thriller mit einigen netten Überraschungen
Die Charaktere bleiben blass, man fühlt sich ein wenig wie in den Gangsterfilmen aus der Schwarz-Weiß-Film-Ära. Schnurgerade stolpert der Protagonist und Ich-Erzähler Sam Parker durch die Szenerie und zeigt, dass man vermutlich doch nicht so ganz von den alten Gewohnheiten ablassen kann. Dabei gelingt es ihm auf beeindruckende und perfide Weise, dem für seine Gewaltexzesse bekannten Sergeant Walsh ein Bein zu stellen. Wunderbar! Leider wirkt sein Sieg gegen Robillard, einem erstaunlich farblosen Mafioso, dagegen recht schwach. Die Überlistung der Nachbarn ergibt im Ergebnis ein - sportlich gesehen - sauberes 2:1 zugunsten des Autors.
Wer sich an Selbstjustiz nicht stört sowie Fans von Filmen wie Falling Down dürften hier auf ihre Kosten kommen. Ein gewöhnlicher Verbrecher ist ein kurzweiliger und actionreicher Roman für einen verregneten Nachmittag, der allerdings schon bald wieder in Vergessenheit geraten wird.
Michael van Rooy, Bastei Lübbe
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