Die Totengräberin

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2010
  • 23
  • Köln: Random House Audio, 2009, Seiten: 6, Übersetzt: Sabine Thiesler
  • München: Heyne, 2010, Seiten: 511
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Eva Bergschneider
22°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2008

Psychodrama ohne Substanz

Nach Der Kindersammler und Hexenkind legt Sabine Thiesler nun ihren dritten Kriminalroman vor. Schauplatz der Handlung ist wieder ein abgeschieden gelegenes Anwesen in der Toskana und wieder liegen die Ursprünge der Bluttat in Deutschland. Viele Leser erwarteten von Die Totengräberin ein weiteres, packendes Psychodrama mit Tiefgang vor malerischer Kulisse. Zu Recht?

Die Mordwaffe der Frau: Ein Giftcocktail

Für den Mord an ihrem Ehegatten Johannes hat sich Magda eine ausgeklügelte Methode ausgedacht: Ein Beruhigungsmittel soll ihn einschläfern, ein Muskelrelaxans zu allgemeinen Organversagen führen. Magda ist Apothekerin, konnte die Medikamente problemlos stehlen und alles in Ruhe vorbereiten. Johannes kommt einige Tage später zu ihr in die Toskana, voller guter Absichten, mit seiner Ehefrau von vorn anzufangen. Dazu wird er keine Gelegenheit mehr haben.
Magda verscharrt die Leiche im Garten und pflanzt einen Olivenbaum auf das Grab.

Freunden und der Familie erzählt sie, ihr Ehegatte sei nach Rom gefahren. Doch das er auch am Wochenende nicht erscheint, kommt manchem merkwürdig vor. Johannes Bruder Lukas begleitet seine Schwägerin auf ihrer Suche nach Johannes in Rom. Er liebt Magda, seitdem sein Bruder sie ihm vorgestellt hat. Ist er nun, wo sein Bruder spurlos verschwunden scheint, am Ziel seiner Wünsche?

Der Nachbar Massimo glaubt, das Johannes abgehauen ist und möchte der Zurückgelassenen helfen. Er plant in der Zeit, in der die Nachbarin ihren Mann sucht, heimlich den Garten vom Unkraut zu säubern und den falsch gesetzten Olivenbaum erneut einzupflanzen.

Surrealismus oder Realsatire?

"Wenn einer den anderen betrügt, ist das Leben zu Ende."

Diesen Leitsatz hat Magda von ihrer Mutter eingeimpft bekommen und er dient ihr als Begründung für die Ermordung des untreuen Ehegatten.

Überzeugend klingt dieses Motiv nicht, aber das muss es ja auch nicht. Gespannt erwartet man, welche psychologischen Abgründe das Leben der Hauptprotagonisten geprägt und sie zu der Mörderin gemacht haben mögen. Am Ende des Romans weiß man zwar mehr, dennoch ist das Motiv nicht glaubwürdiger geworden. Aber wenigstens handelt Magda in ihrer mit Alzheimer Symptomatik durchsetzten eigenen Welt konsequent unlogisch. Das Bild einer zutiefst gestörten Person, das die Autorin zeichnet, rührt irgendwo. Ärgerlich ist allerdings, dass nicht einmal eine der weiteren Figuren auch nur im Ansatz nachvollziehbar handelt. Nicht der liebestrunkene und dadurch nicht minder realitätsferne Schwager Lukas. Nicht der selbstsüchtige Theater- und Literaturkritiker Stefano Topo, der vom weltmännischen Aufreisser zum Erpresser mutiert. Und schon gar nicht Commandante Nero, der wie eine schlechte Karikatur des unfähigen Italio-Bullen wirkt, nur dass hier auch die Bösen nicht schlauer agieren.

Wenigstens sind die beiden Letztgenannten für einige Lacher gut. Und so ließe sich die Reihe endlos fortsetzen. Will Die Totengräberin vielleicht als surrealer Roman daher kommen? In dem Fall wirken die seitenreich beschriebenen Personenhintergründe, die diese Bausteine einer absurden Handlungskette untermauern sollen, nicht nur an den Haaren herbei gezogen, sondern auch noch komplett überflüssig.

Auf Top folgt Flop

Es mag verwunderlich erscheinen, dass die selbe Rezensentin einer Autorin für ihren Romanerstling Der Kindersammler eine Bestnote und dem aktuellen Roman, Die Totengräberin eine vergleichsweise vernichtende Bewertung erteilt. Was hat die Autorin dieses Mal so gravierend falsch gemacht?

Über die Glaubwürdigkeit einer Handlung lässt sich sicherlich immer streiten, so wie auch bei Der Kindersammler in den Leserkommentaren geschehen. Diejenigen, die Sabine Thieslers Krimi-Debüt überzeugt hat, fühlten sich auf einer emotionalen Ebene angesprochen. Sowohl die pädophilen Verbrechen, als auch die Jagd der Ermittler auf das Monster und die Geschichte einer betroffenen Mutter wirkten authentisch genug, um den Leser in Atem zu halten und betroffen zurück zu lassen.

Nichts von dem findet sich in Die Totengräberin, auch kaum andere Qualitätsmerkmale, zu grotesk und unfreiwillig komisch wirken Handlung und Figuren. Punkten kann die Autorin allenfalls mit den Landschaftsbeschreibungen, einigen gekonnt eingesetzten sprachlichen Mitteln und - mit vielen Abstrichen - dem Psychogramm der Täterin.

Die Totengräberin

Sabine Thiesler, Heyne

Die Totengräberin

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