Carneval

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2009
  • 10
  • London: Hutchinson, 2008, Titel: 'The carnival master', Seiten: 389, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Lübbe, 2009, Seiten: 6, Übersetzt: David Nathan
  • Köln: Bastei Lübbe, 2011, Seiten: 429, Übersetzt: Bernd Rullkötter
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2008

Der Buchrücken verschweigt die halbe Geschichte

Hauptkommissar Jan Fabel hat bei der Hamburger Kripo gekündigt und nur noch wenige Wochen Dienst vor sich. Danach will er in der Firma eines alten Freundes einsteigen. Doch bis dahin erwartet ihn noch ein kniffliger Fall, genauer gesagt ein Hilferuf aus Köln. Dort Ist Kommissar Benni Scholz einem Serienmörder auf der Spur, der immer an Weiberfastnacht zuschlägt. In den letzten beiden Jahren wurden zwei junge Frauen mit einer Krawatte erdrosselt, bevor ihnen der Täter ein halbes Kilo Fleisch aus dem Hinterteil schnitt.

Fabel fährt nach Köln um seinem Kollegen zu helfen, aber auch weil er dort seine Mitarbeiterin Maria Klee zu finden hofft. Diese ist eigentlich krank geschrieben, jedoch schon seit geraumer Zeit nicht mehr zu ihren Therapiesitzungen gegangen. In ihrer Wohnung findet Fabel massenhaft Hinweise auf den ukrainischen Menschenhändler Wassil Witrenko, der auf der Fahndungsliste des BKA ganz oben steht. Fabel und Klee wäre es vor einiger Zeit fast gelungen, Witrenko zu stellen, doch dieser konnte im letzten Moment fliehen, da er Klee schwer verletzte und Fabel die Verfolgung einstellen musste, um seine Kollegin zu retten. Nun ist Klee offensichtlich nach Köln gefahren, um Witrenko zu stellen und Fabel kämpft schnell an mehreren Fronten, denn schon bald ist wieder Weiberfastnacht...

Erst einmal geht es ausgiebig in die Ukraine und nicht in die Domstadt.

Carneval ist ein Roman, der einen zunächst irritiert, da es laut dem Buchrücken "nur" um die Jagd nach einem Serienmörder geht, der jeweils an Weiberfastnacht in Köln zuschlägt. Stattdessen befindet man sich mitten in einer Geschichte, deren erste Hälfte sich weitgehend in der Ukraine abspielt. Dort will Major Taras Buslenko den gefürchteten Kriminellen Wassil Witrenko stellen, doch dieser verfügt über hoch ausgebildete ehemalige Soldaten sowie über ein weit gestreutes Netz an Informanten. Buslenko soll in geheimer Mission mit einem kleinen Team nach Deutschland fahren, um Witrenko dort zu ermorden. Daher versammelt Buslenko seine Mannschaft in einer abgelegenen Waldhütte, damit diese sich auf ihren heiklen Auftrag vorbereiten kann. Aber in der Gruppe steckt offenbar ein Maulwurf, denn nach und nach dezimiert sich die kleine Einheit.

Die Geschichte des "Karnevalsmörders" beginnt erst nach rund 200 Seiten.

In der ersten Hälfte lernen wir Hauptkommissar Jan Fabel zudem näher kennen, der sich von seinem Beruf trennen und neue Wege gehen möchte. Sehr zur Freude seiner Lebensgefährtin Susanne, mit der er endlich zusammenziehen möchte. Möchte, denn so richtig sicher ist sich Fabel in beiden Fällen eigentlich nicht und so stürzt er sich in den aktuellen Fall und fährt nach Köln, nachdem er zuvor telefonisch mit Kommissar Scholz Kontakt aufgenommen hatte - auf Seite 212. So viel zur Inhaltsangabe auf dem Buchrücken, wobei noch zu erwähnen ist, dass Kommissar Scholz erstmals auf Seite 153 persönlich erscheint.

Zwei Geschichten in einer.

Hätte sich der schottische Autor Craig Russell auf den "Karnevalsmörder" beschränkt und diese Geschichte ordentlich ausgebaut, hätte sicher ein guter Roman entstehen können. So liest man jedoch eine Story, die mitunter stark überfrachtet ist, da hier zwei Geschichten parallel erzählt werden, die nichts miteinander zu tun haben. Abgesehen von der Tatsache natürlich, dass Fabel und Klee den gefürchteten Witrenko bereits aus Blutadler kennen. Umso erstaunlicher, dass sich eine eher unscheinbare Polizistin allein auf den Weg macht, um sich mit einem der mächtigsten Kriminellen Europas anzulegen. Ein Kommentar zu diesem Verhalten erübrigt sich.

Nur kleinere Schwachstellen sind zu finden.

Die Geschichte enthält mehrere überraschende Wendungen und ist, hat man den Einstieg erst einmal geschafft, durchaus spannend zu lesen. Etwas störend dürfte für einige Leser/innen jedoch sein, dass Russell oft und detailliert berichtet, wie die Personen von A nach B kommen. Das beispielsweise Maria über die A 57 den Stadtteil Chorweiler erreicht oder Fabel über die Severinsbrücke das im Stadtteil Kalk gelegne Polizeipräsidium , dürfte wohl kaum von Interesse sein. Was also will uns der Autor mitteilen? Dass er einen Stadtplan richtig halten kann?

Wie dem auch sei, Craig Russells Beschreibung von Deutschlands Karnevalshochburg und der Charakterisierung der dort lebenden Menschen ist gut gelungen und enthält nur wenige, kleine Schnitzer. Wer sich zudem noch für das Thema Kannibalismus interessiert findet einen kurzweiligen Lesespaß, dessen inhaltliche Breite gut für zwei Romane gereicht hätte. Leider sind die Auflösungen zu beiden Stories in unterschiedlicher Hinsicht enttäuschend oder besser gesagt, etwas zu einfach.

Carneval

Craig Russell, Lübbe

Carneval

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