Tödliche Jeans
- Federfrei
- Erschienen: Januar 2013
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- Marchtrenk: Federfrei, 2013, Seiten: 300, Originalsprache
Passable neunte Runde für Kokoschansky
Kokoschansky agiert zum neunten Mal und je geläufiger der Nachname des Investigativjournalisten wird, umso öfter ertappt man sich beim Lesen, dass man stirnrunzelnd darüber nachdenkt, wie denn der Bursche eigentlich mit Vornamen heißt? Das gilt wohl für alle länger und erfolgreich dem Leser dienenden Ermittler, ob sie Wallander oder Brunetti heißen.
Günther Zäuner nimmt bei seinem im Verlag Federfrei erschienenen neuen Krimi Tödliche Jeans wieder ein aktuelles Umweltthema zum Anlass und lässt Heinz Kokoschansky ganz zufällig über ein Messer-Attentat an seiner Nachbarin stolpern. Da zur gleichen Zeit in Wien mehrere solcher Attentate auf teilweise führende Angestellte einer Textilkette passieren, wird er hellhörig. Bundesnachrichtendienst, Heeresnachrichtendienst und was sonst noch an streng geheimen Ermittlungsdiensten in Wien ansässig ist, verweigern sämtliche Auskünfte und die normalen Mordermittler der Polizei werden ruhig gestellt. Das ist den Beamten natürlich gar nicht recht und so wird inoffiziell die Nachrichtensperre durchbrochen. Kokoschansky und sein Team aus ehemaligen Polizisten, Sicherheitsbeamten und Vertrauten aus Justizkreisen beginnen tiefer in die Materie einzudringen.
Tatort Bremerhaven
Gleichzeitig wird in Bremerhaven der Besitzer der oben erwähnten Textilkette Zielscheibe von unterschiedlichen Gruppierungen. Die Einen entrüsten sich über die Methoden mit denen im Fernen Osten mit Hungerlöhnen und gesundheitsgefährdeten Verfahren Jeans für den hiesigen Markt produziert werden. Die Anderen wollen schlicht und einfach nur am guten Geschäft partizipieren. Es bleibt also nicht aus, dass sich terroristisch angehauchte Umweltverbesserer mit einem "KILL LOGO" an die Geschäftsleitung wenden und diese mit Anthrax versetzten Jeans erpressen, während die mafiösen Gruppierungen aus den ehemals russischen Staaten auch vor Entführung von Familienmitgliedern nicht zurückschrecken, um den Konzern übernehmen zu können. Da kann auch der deutsche BND keine Soloermittlungen führen und muss sich, wohl oder übel, an seine österreichischen Kollegen wenden.
Tatort Wien
Aber in Wien stellt sich heraus, dass nicht jedes Amt daran interessiert ist, mit anderen Dienststellen zu kooperieren. Die Beamten, die zweifelsohne Dreck am Stecken haben, sehen ihre letzte Chance nur darin, alle weiteren Ermittlungen zu sabotieren und nach Möglichkeit Mitwisser zu eliminieren, um die Köpfe zu retten. Kokoschanksy gerät zwischen die Fronten und hat mit seinem Team alle Hände voll zu tun ...
Und Kokoschansky hat in Tödliche Jeans auch alle Hände voll zu tun, um seine privaten Verhältnisse halbwegs ins Reine zu bringen, denn die Partnerschaft mit seiner neuen Flamme Lena ist über einen beträchtlichen Teil des Romans allgegenwärtig und beeinflusst nicht nur seine Entscheidungen, sondern nimmt auch sehr viel Raum ein, damit der Roman gestreckt wird. Dafür kommt allerdings das Team Kokoschansky ein wenig zu kurz und ist nur dann immer verständlich, wenn man die Personen bereits aus Vorgängerromanen kennt. Kokoschansky selbst ist, wenn der Roman in Wien spielt, allgegenwärtig und stellt alle anderen Personen in den Schatten.
Grundsätzlich ist Tödliche Jeans passabel im Spannungsaufbau. Speziell im ersten Drittel, bei dem die diversen Attentate passieren, wird der Leser neugierig gemacht und auch die Szenenwechsel zwischen unterschiedlichen Erzählsträngen sind gut gewählt und sauber beschrieben, solange sie in Wien spielen. Für Bremerhaven hätte ich mir etwas mehr Lokalkolorit gewünscht und die Beschreibungen vom "Haverkamp" und den Hafensequenzen sind eher lieblos abgehandelt, was wahrscheinlich nur demjenigen auffällt, der dieses Ambiente kennt.
Im zweiten Drittel, in dem sich die einzelnen Nachrichtendienste gegenseitig zermürben, flacht die Spannung deutlich ab. Der Kleinkrieg zwischen den einzelnen Ermittlern und die Tatsache, dass keiner brauchbar voran kommt, lässt auch den Leser die Aktionen vermissen. Hier hätte etwas mehr kritischer Angriff auf die skandalösen Zustände in Fernost und die georgische Mafia dem Roman Gehalt geben können.
Der Schluss wird dann spannend abgehandelt und vor allem nach dem Showdown auch plausibel aufgeklärt und zu Ende gebracht, damit man den Krimi zufrieden zur Seite legen kann. Als echter Pageturner erweist sich Tödliche Jeans jedenfalls nicht. Hier hat der Autor die eher gemütliche wienerische Variante gewählt, auch wenn er dabei leise Töne sozialkritischer Natur über die Global Player mitbringt, die allerdings am Ende sanft verpuffen. Kokoschansky hat seinen Reiz, aber Mühe seinen Charme spielen zu lassen. Zu wenig Österreich, zu viel von Anderswo gewollt, aber nicht richtig dort angekommen.
Daher eine Wertung im guten Bereich, aber nicht ganz oben mit dabei ...
Günther Zäuner, Federfrei
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