CSI Miami - Mörderisches Fest
- vgs Egmont
- Erschienen: Januar 2007
- 2
- New York: Pocket Star, 2006, Titel: 'CSI Miami: Harm or the holidays', Seiten: 305, Originalsprache
- Köln: vgs Egmont, 2007, Seiten: 306, Übersetzt: Frauke Meier, Bemerkung: 5.Band der CSI-Reihe
Der tote Santa, die kopflose Leiche und der magische Terrorist
Im tropisch klimatisierten Miami gleichen die Weihnachtsfeiertage eher dem europäischen Fasching. Hitze, Alkohol und Drogen lassen manchen Zeitgenossen über die Stränge schlagen. Aktuell bereitet ein neues Phänomen der Polizei Kopfzerbrechen: Männer und Frauen verkleiden sich als Santa Claus und Weihnachtselfen, um im Schutz ihrer Kostüme die öffentliche Ruhe zu stören. Ryan Wolfe vom kriminaltechnischen Labor von Miami-Dade muss den Fall eines Santas übernehmen, der seine Eskapaden nicht überlebte: Man fand ihn nackt und tot in einem Hinterhof.
Kollege Eric Delko untersucht das gewalttätige Ende eines Mannes, den man ermordet aus dem Everglade-Sumpf zog. Die Identifizierung ist schwierig, da sich nicht nur Alligatoren an der Leiche gütlich taten, sondern ihr auch der Kopf durch eine Rohrbombe abgerissen wurde.
Teamchef Horatio Caine plagt sich mit einer besonders mysteriösen Angelegenheit: Der bekannte Bühnenmagier Abdus Sattar Pathan wurde gefasst, nachdem er in einem kleinen Laden den Besitzer zusammenschlug. Die Fingerabdrücke, die am Tatort gesichert wurden, sind jedoch nicht die seinen. Der Verdächtige muss freigelassen werden, was Caine enorm ärgert, der genau weiß, dass man ihn hereingelegt hat. Er fragt sich nach dem Grund und vermutet hinter der Tat ein ganz anderes Verbrechen.
Kurz darauf wird Pathan entführt - oder auch nicht -, und das FBI schaltet sich rüde ein. Bald gesellt sich "Homeland Security" hinzu, da plötzlich Terroristen aus dem Nahen Osten ihr Unwesen treiben. Im CSI-Labor geht es hoch her, die Teams müssen neu gemischt werden, wobei es zu Verzögerungen und Fehlern kommt: Dieses Weihnachtsfest wird den Männern und Frauen um Horatio Caine noch lange im Gedächtnis bleiben!
Besinnliche Tage der besonderen Art
Weihnachten ist im Genre Kriminalroman ein wichtiges Datum. Seit jeher fasziniert der Kontrast zwischen der quasi verordneten Besinnlichkeit und dem Verbrechen, das in dieser Umgebung besonders krass wirkt. Hinzu kommt leidvolles Erfahrungswissen: An den Feiertagen kommen Menschen zusammen, die sich ansonsten womöglich mit gutem Grund aus dem Weg gehen. Sie werden in fragwürdiger Harmonie und Langeweile zusammengesperrt sowie mit gutem Essen und reichlich Alkohol versorgt. Explosionen sind auf diese Weise quasi vorprogrammiert.
Das Weihnachtsfest war schon vor der globalen Erwärmung nicht auf die christlich dominierten und verschneiten Regionen dieses Erdballs beschränkt. Auch dort, wo die Sonne am 25. und 26. Dezember hoch und heiß am Himmel steht, wird es in einer Mischung aus Tradition und lokalspezifischen Ergänzungen begangen, die bizarre Züge annehmen können. Donn Cortez profitiert von diesem Kontrast, wenn er in dick vermummte und bärtige Weihnachtsmänner durch die tropische Nacht von Miami toben lässt.
Dieser Aufhänger ermöglicht den leicht variierten Einstand in ein neues "CSI"-Abenteuer, das ansonsten nach bekanntem Muster verläuft: Das Team um Horatio Caine bearbeitet simultan drei Fälle. Natürlich weichen diese stark von den Verbrechen ab, die normalerweise von der Polizei untersucht werden. Caine & Co. geben sich nicht mit "normalen" Gewalttätern ab. Sie jagen den genialen und/oder wahnsinnigen und/oder ultrabrutalen Strolchen hinterher, die am Tatort (scheinbar) keine oder nur widersprüchliche Indizien zurücklassen, die erst einmal entdeckt und anschließend im Hightech-CSI-Labor trickreich ausgewertet werden müssen.
Der richtige Mann für einen unterschätzten Job
Das funktioniert im Fernsehen natürlich besser, wo wir beeindruckt sehen, wie z. B. die hübsche Natalia Boa Vista ausführliche Täterprofile buchstäblich mit den Fingern aus dem Computerspeicher zieht und an eine riesige Projektionswand wirft. Andererseits heißt der Verfasser von Mörderisches Fest Donn Cortez - und der erweist sich als Autor dieses "Buchs zum Film", das dem "CSI"Franchise eigentlich nur einige zusätzliche Dollars in die Kasse spülen soll, als seltener Glücksfall: Cortez beschränkt sich nicht auf Dienst nach Vorschrift, sondern verwandelt einen simplen "tie-in"-Roman in einen spannenden Krimi, der gänzlich für sich bestehen kann.
Bereits die Story ist mit ihren drei Subplots ausgezeichnet konstruiert. Mörderisches Fest könnte man sich sofort als Drehbuch-Vorlage bzw. verfilmt vorstellen. Cortez bewahrt das Gleichgewicht zwischen dem rätselhaft Möglichem und der Übertreibung, welche die Illusion zerstören würde. Was sich hier von dem geistigen Auge des Lesers abspielt, ist höchst mysteriös, wirkt aber jederzeit möglich. (IST es tatsächlich möglich? Das steht auf einem anderen Blatt, das niemand zur Kenntnis nehmen muss, denn verlangt wird nicht Realismus, sondern unterhaltsame "CSI"-Fiktion.) Technobabbel hält sich im Rahmen, komplexe Methoden und Techniken der Deduktion werden in klaren Worten dargestellt, wobei der Verfasser die Mühen einschlägiger Recherchen nie scheut. Auch die gewählten Schauplätze werden nicht einfach grob beschrieben, sondern geografisch und historisch im Stadtbild von Miami verankert.
Das Timing der Handlung stimmt; Cortez springt gekonnt von einem Brennpunkt zum nächsten, ohne den Cliffhanger-Effekt zu strapazieren. Die geschilderten Fälle sind kurios, grausam und offensichtlich unlösbar. Damit decken die Subplots das typische "CSI"-Spektrum ab. Die Variation gelingt, und Cortez ist immer gut für eine Zugabe: So konfrontiert er den auf Fakten fixierten Horatio Caine mit einem Terroristen, der ein hervorragender Magier ist: Labor trifft Bühne. Wer wird den Sieg davontragen? Die Frage ist natürlich rhetorisch, aber bis der selbstgefällige Pathan entzaubert wird, fügt er seinen Verfolgern manche trickreiche Schlappe zu.
Alte Bekannte aber keine Neuigkeiten
Donn Cortez muss seinen Job quasi mit einer auf den Rücken gebundenen Hand erledigen. Elementares, von dem das "CSI"-Personal betroffen wird, hat stets im Fernsehen zu geschehen. Niemals wird eine Hauptfigur deshalb in einem Buch zur Serie sterben oder nach Europa ziehen oder heiraten. Das schränkt die Verwicklungen ein, in die der Autor seine Figuren treiben kann. Cortez muss sich darauf beschränken, Bekanntes (Calleigh Duquesne muss über die Feiertage ihren Vater von der Flasche fernhalten) und Belangloses (Dr. Alexx Woods ist daheim ein Putzteufel) als frische Ware zu verkaufen. Auch das gelingt ihm, weil er auf die richtige Mischung von Kriminalfall und Seifenoper - darum handelt es sich ja, wenn private Aspekte ins Spiel kommen - achtet.
Anmerkung: Ein Ende mit Fragezeichen
Mörderisches Fest ist also ein Roman, der (vor allem aber eben nicht nur) den "CSI"-Fans empfohlen werden kann. Dennoch wird die Lektüre Stirnrunzeln hinterlassen, denn längst nicht alle Rätsel werden gelöst; die Handlung endet offen. Leider (oder vorsichtshalber) wird nirgendwo darauf verwiesen, dass Mörderisches Fest die eine Hälfte eines Zweiteilers ist, der mit Todsicheres Alibi (ebenfalls bei Vgs erschienen) fortgesetzt wird.
Donn Cortez, vgs Egmont
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