Das letzte Testament
- Scherz
- Erschienen: Januar 2008
- 4
- New York: HarperCollins, 2007, Titel: 'The Last Testament', Seiten: 439, Originalsprache
- Frankfurt am Main: Scherz, 2008, Seiten: 477, Übersetzt: Rainer Schmidt
- Frankfurt am Main: Fischer, 2010, Seiten: 476
Abrahams Nachlass
Bagdad, im April 2003: Das Volk stürmt nach dem Sturz Saddams am 9. April die öffentlichen Gebäude, darunter auch das Nationalmuseum der Antike, und plündert wahllos alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Ein kleiner Junge ergattert nicht mehr als ein paar kleine Steintafeln, die ihm sein Vater abnimmt und an obskure Händler für ein Dollar verscherbelt. Über zwielichtige Kanäle geraten die Antiquitäten an Händler in Israel und Palästina. Professor Guttmann, einer der wenigen Experte für Keilschrift, entdeckt so eine Tafel mit einem brisanten Inhalt. Abraham, Stammvater der Semiten (Juden und Araber) hat darauf sein Testament hinterlassen, in dem er den umstrittenen Tempelberg in Jerusalem an seine Söhne Isaak und Ismael vermacht hat. Und dieser Tempelberg ist ein ständiger Zankapfel zwischen Juden und Moslems, denn er ist die drittheiligste Stätte des Islam und das Allerheiligste des Judentums. Ein Vermächtnis Abrahams, der sowohl für Judentum, Islam und Christentum als Stammvater gilt, könnte eine einmalige Klärung der Besitzverhältnisse im Nahen Osten und eine Beendigung des Nahost-Konfliktes bringen.
Professor Guttmann will den israelischen Ministerpräsidenten während einer Massenkundgebung über das letzte Testament informieren, wird dabei aber von einem übereifrigen Sicherheitsbeamten mittels Kopfschuss getötet, bevor er sein Geheimnis preisgeben konnte.
Zur gleichen Zeit wird in Washington Maggie Costello von Regierungsstellen kontaktiert. Maggie hat früher schon für den Präsidenten als Mediator bei hochrangigen Gesprächen zwischen Konfliktparteien fungiert, aber nach einem folgenschweren Fehler in Afrika ihr Amt zurückgelegt, und übt ihr Potential als Vermittlerin nunmehr bei Ehekrisen aus. Nach all den Reisen ist das ein total langweiliges Leben und der Druck ihres Ehemannes, der sie nur als Heimchen am Herd sehen möchte, veranlassen sie das neue Angebot der Regierung, als Chefunterhändlerin im Israel-Palästina-Konflikt zu fungieren, anzunehmen. Und hier tritt der Sohn Shimon Guttmanns in ihr Leben, der nicht glauben will, dass der Tod seines Vaters ein Zufall war. Gemeinsam begeben sie sich auf die gefährliche Suche nach dem Geheimnis, das auch diverse Geheimdienste gerne lösen und verschwinden lassen möchten.
Sam Bourne alias Jonathan Freedland hat im Scherz-Verlag den von der (amerikanischen) Presse hochgelobten Thriller The Last Testament in der Übersetzung von Rainer Schmidt auf fast 500 Seiten auf den deutschsprachigen Leser losgelassen. Gerade politisch motivierte Spannungsromane aus der Sicht unserer Nachbarn über dem Großen Teich treffen unsere Anschauung nicht immer besonders gut, da die Schwarz-Weiß-Malerei sehr stark vorherrscht. Im gegenständlichen Buch darf man dem Autor trotz seiner jüdischen Wurzeln und seiner ehemaligen Korrespondententätigkeit bei der Washington Post und der BBC allerdings eine durchaus neutrale Sicht auf die Probleme beider Konfliktparteien bescheinigen, zu der er gottlob nicht Stellung bezieht, sondern nur dort, wo es notwendig ist, auf die Situation der Streithähne hüben und drüben des Jordan verweist und im Verlaufe der Handlung auch seine Ortskenntnis einbringt.
Das der Thriller dennoch nicht das Gelbe vom Ei ist, liegt wohl am Format der Hauptperson Maggie Costello, die von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt und sich als vom amerikanischen Präsidenten für Friedensgespräche maßgeblich befugte Verhandlungsleiterin aufführt, als hätte sie sich die schlechten Seiten von Sarah Palin als Vorbild genommen.
Auch wenn der Spannungspegel langsam steigt, so muss man doch ganz klar sagen, dass die Art und Weise in der die Personen agieren, eher nach einer schlechten Persiflage auf einen James-Bond-Film wirkt. Über die Sinnhaftigkeit dieses Tuns und jedwede Logik breitet man am Besten den Mantel des Schweigens, dann bleibt noch immer genügend Amüsement für einen mittelmäßigen Thriller übrig, bei dem man wirklich bedauert, dass das spannende Thema so nachlässig verschlampt wurde, obwohl daraus deutlich mehr zu machen gewesen wäre.
Wer leichte Spannungsliteratur mit historischem und politischem Background mag, der kann hier zugreifen und wird auch gut unterhalten.
Sonstige Ansprüche kann man getrost vergessen.
Sam Bourne, Scherz
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