Der Tod ist nur der Anfang

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2008
  • 5
  • München: Heyne, 2008, Seiten: 352, Übersetzt: Jürgen Bürger
  • München: Heyne, 2009, Seiten: 352
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Jochen König
48°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2008

Fleming ? Faulks?- Bond!

James Bond ist zurück. Nach einem dreimonatigen Regenerationsurlaub ist er postwendend gefordert, die westliche Welt vor einem Anschlag des größenwahnsinnigen Dr. Julius Gorner zu bewahren. Auf seiner atemlosen Hatz durch den vorderen Orient, bis nach Russland und zurück nach Paris, findet 007 einen Love-Interest und Unterstützung in der bezaubernden Scarlett, sowie tatkräftige Hilfe durch die üblichen freundlichen Mitkämpfer vor Ort, während sein alter Spezi Felix Leiter aus der Ferne zumindest ideellen Beistand leistet.

In Verbindung mit ein wenig Budenzauber ist obige Inhaltsangabe tatsächlich das magere Handlungsgerüst des neuen James Bond-Romans Der Tod ist nur der Anfang. Dessen obskure Autorenangabe bereits arges erahnen lässt: "Sebastian Faulks schreibt als Ian Fleming"; was soll das bitteschön heißen - Seelenwanderung, komplette Assimilation oder Bewusstseinsspaltung? Nichts davon, Faulks ist lediglich von Ian Flemings Erben autorisiert worden, die Saga um Englands berühmtesten Geheimagenten fortzusetzen, bzw. zu ergänzen. Wenn es denn so wäre...

Sebastian Faulks bemächtigt sich eines - legitimen - Tricks, um dem Geist Flemings nahe zu kommen, er siedelt den Roman nämlich in den mittleren 60ern des vergangenen Jahrhunderts an. Das führt zu einigen netten Anachronismen, wie der aufreibenden Suche nach einer Telefonzelle, schlechte Funkübertragungen und die weitgehende Abwesenheit von Computertechnologie. Außerdem darf M wieder Mann sein.

Doch leider spielt der gewählte Zeitraum keine bedeutsame Rolle für Entwicklung der Story. Historische Momente werden zwar eingebaut - kalter Krieg, Vietnam - doch sind sie für den Fortlauf der banalen Handlung keineswegs zwingend. Eher im Gegenteil, hinterfragt man den Masterplan des Bösewichts nur Millimeter weit, fällt er wie ein Kartenhaus bei Sturmwind zusammen. Oder glaubt tatsächlich jemand, das nach einem russischen Atomschlag aufs Vereinigte Königreich, die USA in der Hoffnung untätig bleiben würden, dass England sich geläutert und einsichtig in den Vietnamkrieg involvieren lässt? Klar, da liegt ein Land in Schutt und Asche, aber Priorität ist es, den Verbündeten bei einem aussichtslosen Unterfangen in Südostasien zur Seite zu stehen. Nur eine der hanebüchenen Prämissen, die das Buch füllen.

Nun erwartet man von einem 007-Abenteuer nicht gerade analytische Auseinandersetzungen mit der jüngeren Geschichte, aber ein wenig innere Logik sollte schon aufgeboten werden. Und da hapert es bei Der Tod ist nur der Anfang gewaltig. Sinnlose - und für einen derartigen Roman überflüssig brutal geschilderte - Morde; unvermittelte Anschläge auf Bonds Leben, die rein gar nichts mit der Handlung zu tun haben, deren einziger Zweck es ist, ein wenig Action in den lahmarschigen Anfang zu bringen.

Faulks benutzt lediglich bekannte Versatzstücke aus dem James Bond-Universum, um sie neu und nicht besonders geschickt zusammen zu setzen. Julius Gorner unterscheidet sich in nichts von Auric Goldfinger oder Hugo Drax, natürlich hat auch er eine gewissenlose Kampfmaschine als Adlatus an seiner Seite, die foltern, töten und Bond an die Wäsche gehen darf.

Statt Golf oder Canasta gibt es ein mäßig spannendes Tennis-Match zu bestaunen, auch der versteckte Hangar mit dem obligatorischen amphibischen Vernichtungsvehikel lässt sich finden; lediglich Q und seine Abteilung bleiben alibihaft in Nebensätzen versteckt. Faulks zeigt auch keine neuen Facetten Bonds; dass er verletzlich ist und Narben dies auch beweisen, wissen wir bereits aus den frühen Fleming-Romanen. Das Faulks den smarten Agenten aber das halbe Buch mit einer Zahnlücke herumlaufen lässt, ist ein Fauxpas, der Bond ein gutes Stück Richtung Komödie treibt. Solche der unfreiwilligen Art allerdings.

Dass die Motivationen der handelnden Personen schwer, bis teilweise gar nicht nachvollziehbar erscheinen, ist ein weiteres Manko des Buches. Vieles passiert einfach nur, weil es passieren muss, damit die Handlung dem Ende entgegen rumpeln kann.

Immerhin geschieht das auf den letzten 150 Seiten leidlich spannend, was aber auch das Beste ist, was man über Der Tod ist nur der Anfang sagen kann. Davor herrscht in dem Roman ein ödes Hin und Her, dem man folgen mag oder auch nicht; es ist weder besonders witzig noch dramatisch. Faulks arbeitet lediglich einen Kanon ab, den er anscheinend glaubt Ian Fleming schuldig zu sein. Dabei singt er nur ein altes Lied in einer ziemlich falschen Tonlage. Er bedient weder den Mythos James Bond durch Überhöhung, noch gibt er ihm genügend Substanz für eine ernsthafte literarische Auseinandersetzung. Er wirkt eher wie jemand, der sich ein 007 Puzzle gekauft hat, die Teile in die Luft wirft und hofft, dass sie sich beim Runterkommen wieder sinnvoll zusammen setzen. Könnte ein Irrglaube sein.

So bleibt Der Tod ist nur der Anfang die Fingerübung eines sprachlich nicht gänzlich unbegabten Autors, der leider ohne viel Esprit und Witz eine Geschichte serviert, die auf dem Untersetzer eines geschüttelten Martinis hinreichend hätte niedergeschrieben werden können.

Der Tod ist nur der Anfang

Sebastian Faulks, Heyne

Der Tod ist nur der Anfang

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