Der Metzger sieht rot
- Leykam
- Erschienen: Januar 2008
- 28
- Graz: Leykam, 2008, Seiten: 319, Originalsprache
- München; Zürich: Piper, 2009, Seiten: 319, Originalsprache
Eine humorige Holzhammerattacke
Da lässt sich der Restaurator Metzger, Willibald Adrian mit Vornamen, von seiner Freundin, der fußballbegeisterten Danjela Djurkovic zum Besuch eines Fußballspiels der "Kicker Saurias" überreden und wird gleich zum Zeugen eines Todesfalls. Der ungeliebte, dunkelhäutige Torwart Kwabena Owuso bricht während der zweiten Halbzeit tot auf dem Fußballballfeld zusammen. Noch vor dem Metzger wittert die Danjela eine finstere, tödliche Intrige hinter dem Zusammenbruch. Als sie nachforscht, wird sie selbst das Opfer einer üblen Begegnung mit einem Baseballschläger. Krank von Grippeviren und Sorge macht sich der Willibald zusammen mit der besten Freundin seiner Danjela und dem Kommissar Pospischill auf die Suche nach den Tätern und mutmaßlich fremdenfeindlichen Hintergründen. Dabei gerät er in die Quere einer kunstbeflissenen Killerin, deren teilweise unsittlichen Avancen sich der Willibald nur schwer und mit Blessuren entziehen kann. Am Ende werden einige Handlanger entlarvt, während die Drahtzieher vermutlich weiter ihre Kreise ziehen.
Eigentlich ist das Thema Fußball - besonders im deutschsprachigen Kriminalroman - geradezu prädestiniert: Leidenschaft, Missgunst, Kampf, Intrigen, Profilneurosen, Neid, Erfolgsdruck und vor allem eine Menge Geld - wie geschaffen für literarische Reisen in verbrecherische Abgründe. Doch sind derartige Bücher rar gesät - gute zum Thema natürlich besonders. Und auch Thomas Raabs Der Metzger sieht rot wird sich nicht mit Glanz und Gloria einreihen.
Zwar spielen Fußball und Vereinsmeierei eine Rolle, doch noch mehr ist Raabs Roman eine Liebesgeschichte und eine nahezu willkürliche Ansammlung von Alltagsbetrachtungen. Die Liebesgeschichte zwischen dem leicht verklemmten Willibald und seiner kroatischen, komatösen Wuchtbrumme Danjela ist recht warmherzig ausgeführt, leidet aber an der gleichen Geschwätzigkeit wie die mitunter seitenlangen Bonmots, die Raab mit Vorliebe zum Besten gibt. Manch einer ist sogar gelungen, besonders wenn Thomas Raab den österreichischen Kulturbetrieb karikiert (was aber vermutlich jeder österreichische Humorist im Schlaf beherrscht), doch meist plätschert der Text umständlich dahin, beschreibt nicht nur einen Weg, den man längst kennt, sondern auch noch Hölzchen und Stöckchen am Wegesrand und wie sie dort hingeraten sind. Das ist bestenfalls sanft erheiternd, das gesamte Buch kommt sowieso eher daher wie das Soloprogramm eines mäßig begabten Komödianten, denn als ironischer Kriminalroman mit einem marginalen Hauch von Spannung.
Jetzt könnte das Herumtändeln ja seinen eigenen Witz haben, diese Verweigerungshaltung gegenüber einer stringenten Handlungsführung und einer Spannungsentwicklung. Wenn denn die pittoresken Exkursionen eines Willibald Adrian Metzger und seiner Mitmenschen mehr wären als selbstgefällige Erläuterungen des Offensichtlichen - bis auf wenige Ausnahmen. Aber das Buch leidet unter einem Erklärungswust, der noch ausführt, das man als Balljunge dazu angehalten ist, "diverse verirrte Pässe per Hand oder Fuß zurück ins Spielfeld zu befördern". Da wäre der Leser möglicherweise auch alleine drauf gekommen.
Raab nimmt seine Leser an die Hand und lullt sie ein, damit niemand merkt, wie viel heiße Luft sich hinter all dem gemütlichen Schmäh und den schalen Witzen verbirgt. Da dürfen Vereinsvorsitzende "Fürst" und "König" heißen und die kaltblütige Killerin - mit einer leichten Aversion dagegen, Frauen zu töten - sich "Dominique Nemesis" nennen. Nicht, dass sich aus der Namensgebung Konsequenzen ergeben, es ist einfach ein weiterer belangloser Witz in einem belanglosen Buch.
Zwar steigert sich Der Metzger sieht rot auf den letzten hundert Seiten, wenn die Handlung für Momente Oberhand über die endlosen Vergleichsketten gewinnt, die meist banal sind und oft genug aus falschen Tönen bestehen - schon mal von "der Wucht einer Intensivstation" erschlagen worden? - aber er bleibt trotzdem eine humorige Holzhammerattacke, die im Gewand einer feinsinnigen Kriminalsatire daherkommt.
Wer über Begriffe wie "Herumgeballerunterhaltung" oder "Popischill-Fallauflösung" herzlich lachen kann, der ist beim Metzger gut aufgehoben. Ich wende mich ab mit Grausen und denke eher daran in die DVD-Ausgabe der Mittsiebziger Serie "Hallo Hotel Sacher... Portier" mit Fritz Eckhard zu investieren, die Raabs Werk an leicht hinterfotzigem Schmäh, Esprit und Klugheit locker in den Schatten stellt.
PS.: Nicht über die Artikel vor den Namen der Protagonisten zu Beginn der Rezension wundern. Nur ein kleiner Vorgeschmack auf die aufgeblasene Attitüde des Romans.
Thomas Raab, Leykam
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